„Einschränkung der Demokratie“

Simbabwes Oppositionsführer Tsvangirai kritisiert im taz-Gespräch, dass internationalen Menschenrechtsgruppen die Arbeit in seiner Heimat verboten wird. Europa soll über südafrikanische Staaten Harare zu freien Wahlen drängen

BERLIN taz ■ In Simbabwe dürfen keine ausländische Menschenrechtsorganisationen mehr arbeiten. Das beinhaltet ein Gesetz über Nichtregierungsorganisationen, das vom Parlament in Harare am Mittwoch verabschiedet wurde. Damit wird „die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen und der demokratische Freiraum weiter eingeschränkt,“ sagte der Führer der oppositionellen „Bewegung für demokratischen Wandel“ (MDC), Morgan Tsvangirai, bei seinem Berlinbesuch gestern der taz.

Simbabwes Organisationen müssen sich fortan registrieren lassen, andernfalls droht ihren Mitarbeitern Haft. Einheimische Menschenrechtler dürfen auch keine Gelder mehr aus dem Ausland annehmen oder von Ausländern geleitet werden.

Die politische und wirtschaftliche Situation in Simbabwe ist laut Tsvangirai „finster“. Das Land stecke in einer Krise, die auf die mangelnde Legitimität der Regierung von Präsident Robert Mugabe aufgrund unglaubwürdiger Wahlen zurückgehe.

An den Parlamentswahlen im März wolle MDC aber dennoch teilnehmen, so der 52-jährige Oppositionsführer, auch wenn die Wahlen sicher nicht frei und fair seien. MDC setze bereits seit September die Teilnahme an Nachwahlen aus, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Die Opposition stecke bei der Frage der Wahlen in einem Dilemma, so Tsvangirai: „Wir sind verdammt, wenn wir boykottieren, und wir sind verdammt, wenn wir teilnehmen.“

Die Opposition habe erreicht, dass sich die südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft (SADC) im August auf gemeinsame Prinzipien für faire und freie Wahlen geeinigt habe. Jetzt dränge MDC die SADC-Staaten, entsprechenden Druck auf Mugabe zu machen. Diese verlangten aber, dass die MDC an den Wahlen teilnehme.

Tsvangirai fordert von Europa, afrikanische Wahlbeobachter zu unterstützen und SADC zur Einhaltung der eigenen Prinzipien zu drängen. Diese beinhalteten die Einrichtung einer unabhängigen Wahlkommission, ein Ende politischer Gewalt, Presse- und Versammlungsfreiheit sowie ungehinderter Medienzugang der Opposition: „Das sind keine europäischen, sondern universelle Standards, die von den Staaten des südlichen Afrika selbst beschlossen wurden.“

Die Europäer sollten so lange ihr Verhältnis mit Simbabwe nicht normalisieren, bis es dort freie und faire Wahlen gebe, fordert Tsvangirai, der erst kürzlich in einem umstrittenen Hochverratsprozess überraschend freigesprochen worden war. Es sei hilfreich, wenn der Bundestag erneut mit einer Resolution Druck auf Mugabe machen würde, so Tsvangirai. Wenig nützlich seien die verbalen Angriffe des britischen Premiers Tony Blair gegen Mugabe gewesen. „Mugabe will einen bilateralen Konflikt mit London, weil er dann als antikoloninaler Held erscheint.“ Sobald es aber um Jobs, Nahrung und Korruption gehe, werde schnell deutlich, dass dies mit der Kolonialzeit nichts, mit Mugabe aber viel zu tun habe.

Verständnis äußert Tsvangirai für die zurückhaltenden Reaktionen Südafrikas gegenüber Mugabe. Für Pretoria seien Strafmaßnahmen keine Option, vielmehr könne Südafrika mit stiller Diplomatie mehr erreichen, auch wenn er sich manchmal deutlichere Worte wünsche. Die kürzliche Abschiebung einer Delegation des südafrikanischen Gewerkschaftsbunds Cosatu aus Simbabwe habe vielen Südafrikanern die Augen geöffnet: „Das war ein Eigentor von Mugabe.“

SVEN HANSEN