Schramma will den Leithammel spielen

Hauptausschuss des Rates berät heute über den fertigen Leitbild-Text und über die Fortsetzung des Prozesses. OB will neuen Beirat selbst berufen, Grüne wollen klare Vorgaben für die Besetzung. BUND kritisiert Inhalt des Leitbild-Textes

KÖLN taz ■ Gemessen an den langen Diskussionen, die ihr vorausgegangen sind, ist die Drucksache 1656/003 ziemlich kurz. „Der Rat begrüßt das im breiten gesellschaftlichen Konsens formulierte Leitbild Köln 2020“, lautet der erste von sechs Sätzen einer Beschlussvorlage, die dem Kölner Rat heute im Hauptausschuss von der Verwaltung zur Beratung vorgelegt wird. Am 18. Dezember wird der Rat endgültig über das Leitbild entscheiden.

Der Entwurf sieht neben der erwähnten Eingangsfloskel vor, dass die Stadtverwaltung auf die Ziele des Leitbildes verpflichtet wird und künftig sämtliche Beschlussformulare mit dem Zusatz „stimmt mit dem Leitbild überein/nicht überein“ versieht. „Übereinstimmung zu erzielen, dürfte ziemlich einfach werden, weil die Aussagen im Leitbild ja recht schwammig sind“, kommentiert die grüne Fraktionsvorsitzende Barbara Moritz lakonisch. Ihr reichen die sechs Sätze nicht aus. „Da müsste noch Einiges aus dem Anhang hinzugefügt werden“, fordert Moritz.

In dem zweiseitigen Anhang zur Beschlussvorlage steht, wer den Prozess weiterführen soll, mit dem sich seit 2001 mehr als 350 Kölnerinnen und Kölner beschäftigt haben: fünf neue Arbeitsgruppen, eine Koordinationsstelle und ein Beirat. „In den Arbeitsgruppen sollen sowohl bisherige Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Leitbildprozesses als auch neu zu berufende Experten mitwirken können“, heißt es im Anhang. Die fünf Gruppen sollen eng mit Rat und Verwaltung zusammenarbeiten. Überdies soll ein Beirat zusammentreten, „der als Beratungs-, Informations- und Reflexionsgremium agiert und dem der Oberbürgermeister vorsteht.“

Die Mitglieder des Beirats will CDU-Oberbürgermeister Fritz Schramma selbst aussuchen. „Die Weiterführung des Leitbildprozesses wird von der Stadtverwaltung unter Führung des Oberbürgermeisters koordiniert und gesteuert“, heißt es dazu im Leitbild-Text. Doch über das Maß der Freiheiten des OB besteht noch keine Einigkeit. Moritz fordert: „Dem Beirat sollten die gewählten Sprecher der Leitbildgruppen sowie Vertreter von Verbänden und Fraktionen angehören.“

Nicht nur die Übersetzung des Leitbilds in einen Ratsbeschluss birgt noch Stoff für Diskussionen. Auch die Kritik am fertigen Leitbild-Text reißt nicht ab. Die Kreisgruppe Köln des Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) bezeichnet ihn als „maßloses Desaster“. „Da sind andere Städte tausendmal weiter“, sagte Christine Zecher vom Kölner BUND-Vorstand der taz. Statt ökologische und soziale Visionen zu entwerfen, orientiere sich der Text an den Bedürfnissen der Wirtschaft. Im Leitbild heißt es beispielsweise zur Verkehrssituation: „Köln baut seine Stellung als zentrales Verkehrsdrehkreuz im Herzen Europas aus.“

Vor dem BUND hatte auch die FDP auf ihrem Parteitag vor zwei Wochen den Text als „zu unkonkret“ kritisiert. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite sagte der taz, seine Partei wolle dem Leitbild im Rat dennoch zustimmen. Das Leitbild müsse nun „in der Diskussion weiter entwickelt werden“. SEBASTIAN SEDLMAYR