Restlos begabt

Der Wunder-Twen Ilan Volkov dirigierte die Deutsche Kammerphilharmonie am Samstag in der Bremer Glocke

Explosiv im Schwung, exklusiv in der Klangfarbe und intensiv in der Tiefenschärfe

Man reibt sich die Augen und liest es gleich noch einmal: im Alter von 17 Jahren hat der 1976 in Israel geborene Dirigent Ilan Volkov sein Violine-, Klavier-, Kompositions- und Dirigierstudium an der Royal Academy of Music in London abgeschlossen. Das heißt, dass der heute 27-jährige bereits seit zehn Jahren im Geschäft ist, und zwar mit Dirigaten bei den großen Orchestern der Welt. Man weiß nicht, welchen Preis der junge Mann dafür zahlen muss. Hoffentlich keinen, denn so etwas funktioniert neben aller Arbeit ja auch nur mit einer immensen Begabung. Und von der konnte Ilan Volkov beim letzten Konzert mit der Deutschen Kammerphilharmonie restlos überzeugen.

Profitiert hat davon die im Alter von achtzehn Jahren geschriebene dritte Sinfonie von Franz Schubert, die explosiv im Schwung, exklusiv in der Klangfarben und intensiv in der Tiefenschärfe daherkam. Das Ganze hatte eine vollkommen unangestrengte Leichtigkeit, die auch das erste Cellokonzert von Dimitri Schostakowitsch prägte. Denn der amerkanische Cellist Steven Isserlis ist ebenfalls bekannt für eine überlegene Spielweise, die vergessen läßt, wie schwer das alles ist, besonders der hochvirtuose dritte Satz. Isserlis und Volkov gelang ein spannungsvolles Wechselspiel,ergänzt durch das wunderschöne Solohorn (Elke Schulze- Höckelmann).

Außerdem gab es am Samstag in der Glocke eine Uraufführung: „Dam sheon hachol“ (Die Sanduhr blutet still) der israelischen Komponistin Chaja Czernowin. Die Komponistin transformiert die Vorstellung von der Sanduhr in Musik, genauer: die Vorstellung einer Sanduhr, bei der man von weitem den Eindruck eines kleinen Strahles hat, von nahem aber einzelne Körner zu sehen sind. Es entstand so ein ungemein suggestive Klangwelt, die den Streichern abverlangt wie Glas, Metall oder auch Holz zu klingen.

Wie viele Musikfreundinnen schmerzhaft wissen, sind die Abonnements der Deutschen Kammerphilharmonie ausverkauft. Wegen dieser Situation bietet das Orchester jetzt ein neues Abonnement an, was ab sofort zu erwerben ist: das „Highlightabonnement“ mit fünf Konzerten. Neu ist außerdem die Ausweitung der pädagogischen Aktivitäten in Form einer Zusammenarbeit mit dem MOKS-Theater – derzeit bereits zu erleben: die Koproduktion „Ein König horcht“. Ute Schalz-Laurenze