Der erste Diener

Schurken, die die Welt beherrschen wollen. Heute: Otto „Schollie“ Schily

„Als Freund dem Dutschke, als Anwalt dem Mahler, als Beistand der Ensslin“

Mannigfach nicht sind die Politiker, die dem Staat als Diener aufschaffen und den Geschicken des Bürgers zu seinem Wohl mit starker Hand obtun. An einer Nase gar abzuzählen ist jener Staatsmann und Lenker, der die Sicherheit zur Ordnung dem Recht im Gesetz für das Gemeinwesen rückhaltlos beut: Otto Schily.

Der Schutz von Mensch und Kind, die Verwaltung des gemeldeten Individuums innerhalb der Räume für seinen Rahmen sowie die Treue zum Zweck der Verfassung als Garant der Erfüllung von Entfaltung durch das Oberamt: Dem obwaltet mit Nachdruck Schilys dienstherrliche Tätigkeit mit entschiedener Entschlossenheit im Betreff – legal, legitim und legationell.

Seit dem Kalenderjahr 1998 gesetzmäßig als Hegemon des Bundesministeriums des Inneren am Kabinettstisch füglich bestallt, wirkt Otto Schily im Beritt des Geltungsbereichs der Bundesrepublik Deutschland innerhalb des europäischen Körpers den Organen der Staatspflege im Staatsschiff jederzeit gültig zu. Schily weiß mit Notwendigkeit in praxi und de facto, dass innere Politik stets das Handeln des Einzelnen im Auge des Staates zu haben hat. Dem dient, gemäß des in der grundgesetzlich sichergestellten Freiheit angelegten Rechts nach Maßgabe zum Verfug, die Sicherstellung der Bürger vor einer Gefährdung der Institutionen bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Aufrechterhaltung von Maßnahmen im Behuf.

Dies aber, so Schilys sittlich gefestigtes Bekenntnis zum Ethos in der Moral, erfolgt und geschieht im real existierenden Rechtsstaat in vorgeschriebener Weise verbindlich vor dem Hintergrund der Staatsrechtslehre von Bruno Grotius, der positiven Gesellschaftstheorie von Moritz Weber und dem kategorischen Imperativ von Adolf Kant. Poppen ist auch nicht schlecht.

Knapp vor Hitler 1932 geboren, ist Schily hinlänglich bekannt, dass das Monopol auf Gewalt sich allein dem Staate schickt. Nur zeitweilig, vorübergehend und geradezu temporär, während einer durch die Sechziger-, die Siebziger- und aber auch Achtzigerjahre eng gesetzten und streng umrissenen Frist, befand er sich als Rechtsanwalt wie als Person in durchaus bedenklicher Nähe zum Vollzug der Jugendsünde, als Freund dem Dutschke, als Anwalt dem Mahler, als Beistand der Ensslin. Doch lernte Schily auch und gerade so seine Pappenheimer zur Genüge, zumal er zudem 1981 zur ökologischen Parteiung drang, die in gesellschaftskritischer Absicht die Bäume pflag, den Acker rott, gesunde Nahrung nomm und Glaube, Friede, Dorfdung auf ihre Eggen geschrieben tat. Seit 1983 im Bundestag stoch Schily bei den Grünen durch sein gepflegtes Auftreten ab, aus dem Würde floss, durch sein korrektes Reden aus dem Mund, das ganze Sätze nicht verschmoll, und durch seine kerzengeraden Hosenfalten, die die ungebügelten Langbärte seiner Fraktion zur Gänze verhub.

Indes empfohl Schily den Freundinnen und Freunden seiner Partei unverdrossen das staatliche Gewaltzepter unverblümt und unbeirrbar. Im allergischen Dreieck von Staat, Kriminalität und Terror wechselte Schily schrittweise die Front, erkannte die Bundesrepublik Deutschland in einem emphatischen Sinn ohne Bedeutung und vertrat die Position, dass Konflikte zwar kontrovers sein dürfen, aber stets kontroversibel bleiben müssen. Im Ergebnis, so lautete Schilys logische Konsequenz aus dieser zur Konklusion geführten Schlussfolgerung, haben auch kritische Bürger daher allzeit loyal oder wenigstens loyös sein zu müssen. In unserer liberal-libertären Gesellschaft, so der wertvolle Realpolitiker Schily, ist dies und genau dies unabdingbar das Postulat der Postulenz.

Poppen ist allerdings schöner.

Vom Finger im Getriebe zur Schraube im Staat ward Schily weiland wundersam. Eilfertig stomm er sich November 89 in die SPD, zwung sich 1990 neuerlich in den Bundestag und vollstrack sich mit 66 abgeschlossenen Lebensjahren als Bundesinnenminister, um fortan dem gesunden Rechtsempfinden des Staates reifen Ausdruck im Anzug zu verleihen. Seither bezweckt die Bindung und Sicherung der wahlfertigen und strafmündigen Bevölkerung abzüglich der ausreisepflichtigen Ausländer im Einvernehmen mit dem Buchstaben der Gesetzeslage auch im regierungsseitigen Verständnis des Reformkabinetts billigerweise und ausschließlich die Abwehr von Gefahren im Bereich. Die notwendigen Kontrollen dienen lediglich dem bürgernahen Vollzug des Instrumentariums und sind auch im rot-grünen Reformprojekt durch Auflagen im Sinne der Regelungsdichte gemäß den Vorgaben des Bundes nach bewährtem Herkommen mit hoher Priorität vor dem Subjekt unverbrüchlich geschützt.

Außer natürlich beim Poppen.

PETER KÖHLER