shaolin tempel
: Profit im Namen des Meisters Zen

Berlins Highsociety hat ihre Religion entdeckt – den Buddhismus. Wie sonst ist zu erklären, dass ein solches Promi-Aufgebot der Eröffnung eines Tempels in irgendeiner Seitenstraße Charlottenburgs beiwohnt? Oder war es doch der Champagner, der Berlins Schickeria lockte?

KOMMENTAR VON FELIX LEE

Die Kampfmönche von Shaolin stehen für Askese, Keuschheit und Selbstgeißelung. Das Ziel ihrer mehr als 2.000 Jahre zurückreichenden Lebensphilosophie lautet: Geist, Körper und Seele mit der Natur in Harmonie zu einen. Sie stehen frühmorgens um vier auf, verzichten auf Sex, Drugs & Rock ’n’ Roll und lassen sich auch nicht von Annehmlichkeiten wie Gameboys, Pelzdecken oder Whirlpools ablenken.

Stattdessen meditieren sie, stählen ihre Körper, bis sie keinen Schmerz mehr kennen, und bemühen sich, ihr Handeln nicht auf das eigene Wohlergehen zu richten, sondern darauf, das Leid der Mitmenschen zu verringern. Eins sind die Mönche von Shaolin nicht: eine auf Profit ausgerichtete Sekte.

Dieser Eindruck wird mit der Berliner Tempeleröffnung aber vermittelt. Und ein näherer Blick bestätigt: Hinter dem Buddhisten Rainer Deyhle, dem Gründer und Investor des Berliner Ablegers, steckt ein knallharter Wirtschaftsunternehmer. Den Namen Shaolin hat er patentieren lassen, er besitzt Tempel in London, Wien und China. Und er veranstaltet Kampfsportshows, die nicht so sehr in die Geheimnisse der bescheidenen Mönche einführen, sondern zum reinen Folklorekitsch verkommen.

Dass der Berliner Jetset dem Profiteur auch noch erliegt, macht sein Ansinnen nicht gerade glaubwürdiger. Vielmehr bestätigt die Promi-Show, was tatsächlich hinter dem Buddha-Gefasel steckt: War doch mal wieder eine gute Ausbeute.

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