Kuren und golfen

In der kleinen Gemeinde Stegersbach im Südburgenland liegt eine Erholungsoase: Das Angebot richtet sich vor allem an Frauen Ü 30

Mit 45 Löchernist die Golfschaukeldie größte Anlage Österreichs

VON RALF LEONHARD

Einst tobten hier blutige Schlachten zwischen Kreuz und Halbmond um die Vorherrschaft in Europa. Heute suhlt man sich im Thermalwasser oder lässt sich die Fältchen aus dem Gesicht massieren. Im Lafnitztal im südlichen Burgenland. Wo mehrere Jahrhunderte die umstrittene Grenze zwischen dem christlichen Abendland und dem Osmanischen Reich verlief, schlagen heute Golfer ihre Bälle ab.

Die kleine Gemeinde Stegersbach versucht sich als Wohlfühl-Treff, aber auch als Anziehungspunkt für Golfer zu positionieren. Mit 45 Löchern ist die Golfschaukel Stegersbach die größte Golfanlage Österreichs.

Nach einem gründlichen Umbau hat sich das Thermalbad nicht nur optisch verändert. Gemäß Geschäftsführer Wolfgang Riener präsentiert sich das Thermenhotel unter neuem Management jetzt nicht mehr den Familien. Neues Zielpublikum seien Frauen der Generationen 35 plus, mit Begleitung.

Abends werden die dampfenden Kaskaden in den Außenbecken der Badeanlage in grellen Farben beleuchtet. Außen finden echte Schwimmer einen Pool mit Normaltemperatur. Drinnen locken Attraktionen, die inzwischen zum Standard geworden sind: in Wellenbad und Wildbach toben vor allem die deutlich unter 35-jährigen Besucher. Der Strahl des Whirlpools massiert bei 38 Grad Celsius Füße, Nieren und Rücken.

Sofern das elektronische Armband entsprechend aufgeladen ist, öffnet es einem die Türe zur Saunalandschaft mit Schwitz- und Dampfbäder jeder Art: An gut besuchten Wochenenden kann es eng zwischen Aromadampfbad und Steirischer Schwitzstube werden. Hotelgäste flüchten sich dann in den exklusiven Thermenbereich oder lassen sich im Refugium eine Massage oder Packung angedeihen. Das eklektische Angebot an bodenständigen und fernöstlichen Behandlungen richtet sich in erster Linie an weibliches Wohlfühl-Publikum: Entspannungstherapien, dauerhafte Haarentfernung, Faltenbehandlungen. Man kann sich gar mit gebündeltem Licht Blutschwamm oder Pigmentflecken entfernen lassen. Zum Angebot gehören auch begleitende Fitness-Programme. Das Südburgenland mit seinen ungarischen, kroatischen und Roma-Minderheiten gilt als Entwicklungsland. Die strukturschwache Region hatte nie Industriebetriebe und liegt abseits der Verkehrswege: Die einzige Bahnlinie läuft entlang der alten Handelsstraße zwischen dem steirischen Fürstenfeld und dem ungarischen Steinamanger. Traditionell pendeln die Einwohner zum Arbeiten ins rund 150 Kilometer entfernte Wien oder ins näher gelegene Graz.

Nach 1945 emigrierten allein aus dem Bezirk Güssing 6.000 Menschen in die USA. Aus manchen Gemeinden machte sich ein Viertel der Einwohner auf nach Übersee. Das milde Klima begünstigt zwar den Weinbau, doch die Familienbetriebe von durchschnittlich zwei Hektar sichern nur wenigen das wirtschaftliche Überleben.

Ein weitsichtiger Vizebürgermeister kam 1989 auf die Idee, die Gemeinde auf Thermalquellen zu untersuchen. Schließlich liegt Bad Tatzmannsdorf keine halbe Stunde entfernt. Als ein Geologe bestätigte, dass Stegersbach auf der Thermenlinie liege, die vom südlichen Wien bis Slowenien führt, bewilligte die Landesregierung die Gelder für erste Explorationen. Man begann zu bohren und wurde auch prompt fündig: Aus 1.400 Meter Tiefe sprudelt Thermalwasser von angenehmen 45 Grad hervor. Die Erfolgsgeschichte der Wellness-Oase Stegersbach begann.

Silvia Janits serviert im Thermenrestaurant unmittelbar neben dem Pool-Bereich sowohl Snacks als auch viergängige Gourmet-Menüs. Frau Janits ist zufrieden mit ihrer Arbeit: Wie die meisten Kolleginnen und Kollegen, die fast allesamt in der Region rekrutiert wurden, hat sie keinen weiten Weg zum Arbeitsplatz. Gerade für Frauen, die vorher jenseits der Landwirtschaft und Friseursalons kaum Einkommensmöglichkeiten hatten, ist die Entwicklung der Thermen ein Segen.

Thermenbad und Hotel gehören dem Land Burgenland. Sie sollen sich, so Geschäftsführer Wolfgang Riener, in wenigen Jahren amortisieren. Ein lukratives Geschäft werde das trotzdem nicht, denn Neuinvestitionen seien ständig notwendig. Nur so kann die Anlage auf dem letzten Stand bleiben.

Die Therme brachte einen wirtschaftlichen Entwicklungsschub in die Region. Das Südburgenland hat dennoch seinen urigen Charakter bewahrt. Hier ist der Uhudler zu Hause, ein Wein mit unverwechselbar herbem Geschmack, der aus unveredelten Trauben gekeltert wird und dessen Vermarktung vor wenigen Jahren noch verboten war. Dank dem milden, pannonischen Klima ist Qualitätswein in den bescheidensten Kellern zu finden. Trotzdem kann man in den Buschenschenken und Heurigen entlang der Weinroute auch heute noch ausgezeichneten Tischwein zu 0,80 Euro das Achterl bekommen.

www.suedburgenland.com, Stegersbach: www.stegersbach.at, oder www.thermenwelt.at, Golfschaukel: www.golfschaukel.at