Weniger Gefangene

Birmas Militärjunta will 9.248 Gefangene freilassen, aber nicht die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi

BERLIN taz ■ Zum zweiten Mal in einer Woche hat Birmas Militärjunta am Donnerstagabend angekündigt, eine größere Zahl Gefangener freizulassen. Nachdem zunächst die Freilassung von 3.937 Inhaftierten verkündet wurde, sollen jetzt weitere 5.311 entlassen werden. Unklar ist, wie viele politische Gefangene darunter sind. Die Junta, die Birma in Myanmar umbenannte, hat nie eingeräumt, dass sie politische Gefangene hat.

Nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen gibt es in Birma knapp 1.400 politische Gefangene, darunter bis zu 300 Mitglieder der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) der unter Hausarrest stehenden Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Weitere politische Gefangene kommen aus Kreisen buddhistischer Mönche, ethnischer Minderheiten und studentischer Gruppen. Laut der birmesischen „Hilfsvereinigung für politische Gefangene“ im Nachbarland Thailand gibt es in Birmas 43 Gefängnissen und 50 Arbeitslagern mehr als 100.000 Gefangene.

Bis gestern wurden knapp eintausend Gefangene auf freien Fuß gesetzt. Darunter waren bis zu 30 Dissidenten. NLD-Sprecher U Lwin schätzt, dass bis zu 400 freikommen. Während die meisten Freigelassenen Kleinkriminelle sind, überraschte die Entlassung des Exstudentenführers Min Ko Naing nach 15 Jahren Haft. Er hatte eine Führungsrolle in den Massenprotesten gegen die Junta 1988 und hätte längst freigelassen werden müssen.

Der stellvertretende Außenminister Kyaw Thu kündigte auch die Freilassung des Journalisten Win Tin an. Der heute 78-Jährige ist ein enger Mitarbeiter Suu Kyis. Deren Freilassung steht aber nicht an, obwohl sie eine Bedingung des Westens für die Normalisierung diplomatischer Beziehungen ist.

Die Junta begründet die Freilassungen mit Fehlurteilen des inzwischen aufgelösten Geheimdienstbüros. Dies führte der frühere Premierminister und Geheimdienstchef Khin Nyunt. Er wurde im Oktober von Juntachef Than Shwe unter Korruptionsvorwurf gestürzt und ist jetzt selbst in Arrest. Doch während Khin Nyunt für Juntaverhältnisse noch als gemäßigt galt, ist Than Shwe ein Hardliner. Mit den Freilassungen kann er sich international Luft verschaffen.

Dieses Wochenende beginnt in Laos der Asean-Gipfel der Staaten Südostasiens. Birma steht unter Druck, Reformen einzuleiten, bevor es 2006 den Asean-Vorsitz übernimmt. Beobachter verweisen aber darauf, dass Freilassungen noch keine politischen Reformen sind, zumal vor einer Woche drei weitere NLD-Mitglieder verhaftet wurden. SVEN HANSEN