Radioaktivität aus dem Pütt

Wegen der Einleitung radioaktiver Grubenabwässer in den Rhein fordern Umweltschützer Atomaufsicht für den Bergbau. Strahlengrenzwerte um das Zwanzigfache überschritten

VON ALEXANDER FLORIÉ

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert Aufklärung über die Einleitung radioaktiver Grubenwässer der Bergwerke Rossenray und West an der Rheinberger Rheinschleuse Fossa Eugeniana – und damit in den Rhein selbst. Die Situation sei mit dem Braunkohletagebau vergleichbar. Sollte die Strahlenschutzverordnung auch in diesem Fall zum Tragen kommen, müssten die Bergbaubetriebe generell unter Atomaufsicht gestellt werden, so der nordrhein-westfälische BUND-Geschäftsführer Dirk Jansen zur taz. Das NRW-Energieministerium habe ihm gegenüber in einem Gespräch eingeräumt, das Problem der Radioaktivität in Grubenwässern bereits seit längerer Zeit zu kennen.

Die Rheinberger Schutzgemeinschaft Bergbau (SGB) hatte in dreimonatiger Arbeit Messungen entlang der Fossa Eugenia und dem angrenzenden Altrhein durchgeführt: „Im Bereich der Einleitung in den Schacht Rossenray stehen im Schnitt 6159 Nano-Sievert Strahlung pro Stunde zu Buche“ , erläuterte Johannes Schwerdt von der SGB auf einer Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag – der Richtwert laut Strahlenschutzkommision für eine maximale Dosierung liegt bei 300 Nano-Sievert. „Einen festen Grenzwert für die Behandlung von Altlasten mit Radionukleiden haben wir nicht, weil die Natur variabel ist,“ erläutert Rolf Michel vom Zentrum für Strahlenschutz und Radioökologie (ZSR) in Hannover. Das bedeute nicht zwangsläufig eine Gefahr: „Bei exponierten Stellen müste man schon lange bleiben, um seine Gesundheit zu gefährden“, meint Wolfgang-Ulrich Müller vom Institut für Medizinische Strahlenbiologie der Universität Duisburg-Essen.

Die Einleiterlaubnisse der Bezirksregierung Düsseldorf beinhalteten bisher keinerlei Grenzwerte oder Hinweise auf Radioaktivität, kritisiert die SGB. Tatsächlich seien nur Barium, Sulfat und Stronzium aufgeführt - „das Radon und somit die Radioaktivität messen wir nicht. Das ist in den Bescheiden nicht vorgesehen, weil es bisher auch aufgrund der Dosen kein Thema war,“ räumt Manfred Böhmer, Geschäftsführer der Links Niederrheinischen Entwässerungs-Genossenschaft (LINEG) ein. Die SGB fordert, die kontaminierten Schlämme unter Tage zu deponieren.

Die Deutsche Steinkohle (DSK) plant eine Studie zu der möglichen erhöhten Radioaktivität an der Fossa Eugeniana und im Bereich des Bergwerks West. Gutachter der Studie werden voraussichtlich die Institute in Hannover und Essen sein, die im Jahr 2000 für den Lipperaum eine ähnliche Studie vorgelegt haben. Die Ergebnisse der Studie sollen aber frühestens im Frühjahr nächsten Jahres vorliegen.