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Kieler Computer-Affäre: Rechnungshof wirft Finanzministerium zahlreiche Verstöße gegen Vergaberecht vor. Finanzauschuss soll falsch informiert worden sein

Kiel dpa ■ In der Kieler „Computer-Affäre“ hat Schleswig-Holsteins Rechnungshof schwere Vorwürfe an das Finanzministerium bekräftigt. Hintergrund ist ein Software-Großauftrag, den 1998 eine Unternehmensgemeinschaft aus debis und SAP erhalten hatte. Vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages sprach der amtierende Rechnungshof-Präsident Klaus Qualen gestern von einer Vielzahl von Verstößen gegen das Vergaberecht. Außerdem habe das Ministerium elementare Grundsätze des Haushaltsrechts verletzt.

Das Volumen des Auftrags bezifferte Qualen für 15 Jahre auf 419 Millionen Euro – das Ministerium selbst spricht von einer niedrigeren Summe – den „nachrechenbaren“ Schaden aus dem Vorgehen des Ministeriums auf 511.000 Euro. Der Rechnungshof hatte die Affäre Anfang 2002 mit einem Prüfbericht ins Rollen gebracht. Die Behörde rügte dabei, dass das Angebot von debis/SAP bei weitem nicht das günstigste gewesen sei.

Der Auftrag sei auf Grund von Kriterien vergeben worden, die nicht Gegenstand der Ausschreibung gewesen seien, sagte Rechnungshof-Präsident Qualen. Es habe nachträglich eine Festlegung auf einen Verbund mit Hamburg gegeben, das sich schon für das SAP-Programm entschieden hatte – laut Qualen ein „K.O.-Kriterium“ für andere Anbieter. Qualen sprach von schwerwiegenden Verstößen gegen essenzielle Vorschriften des Vergaberechts. Das Ministerium habe auch einen verdeckten Kredit bei der Datenzentrale aufgenommen. Außerdem habe es den Finanzausschuss nicht hinreichend und sogar falsch informiert. So habe der damalige Finanzminister Claus Möller (SPD) unzutreffend erklärt, dass das Land im „worst case“ Schadensersatzansprüche geltend machen könne. Die CDU will Möller und dessen damaligen Staatssekretär Joachim Lohmann im Januar anhören.