Schwarz-Schills Quatsch-Comedy-Club

Ronald Schill probt offenen Machtkampf um den Parteivorsitz. Mario Mettbach soll als Bundeschef und Senator rausgeworfen werden. Spaltung von Partei und Hamburger Koalition droht weiter. Bürgermeister von Beust versucht sich in Gelassenheit

von PETER AHRENS
und SVEN-MICHAEL VEIT

Gestern Abend ist die Hamburger Landespolitik endgültig zum Quatsch-Comedy-Club verkommen. Was sich auf den Fluren der Schill-Geschäftsstelle in der Gotenstraße abspielte, spottete jeder Beschreibung. Am Ende wussten auch die Landesvorstandsmitglieder nicht mehr, wer denn ihr aktueller Vorsitzender ist. Lediglich Ronald Schill ist sich seiner Sache sicher: Er amtiert weiter, der Absetzung durch den Bundesvorstand am Samstag zum Trotz.

Schill gab gestern vor der regulären Sitzung des Landesvorstandes eine Pressekonferenz in der Gotenstraße, in der er seinen Anspruch auf die Parteispitze deutlich machte und seine Absetzung als „rechtswidrig“ bezeichnete. Er kündigte an, den Bundesvorsitzenden Mario Mettbach aus der Partei auszuschließen und ritt wüste Attacken gegen den Zweiten Bürgermeister: Mettbach habe eine „Diktatur“ in der Partei eingerichtet. Man müsse sich fragen, ob jemand, der „so das Recht mit Füßen tritt“, noch Hamburger Senator bleiben könne.

Obwohl Mettbach verkündet hatte, dass Fraktionschef Norbert Frühauf den Posten Schills als Landesvorsitzender übernehmen würde, ignorierte Schill dies einfach. Er werde die Vorstandssitzung „ganz normal“ leiten. Was folgte, war reines Schmierentheater.

Mettbach, Frühauf und ihre Getreuen tagten im ersten Stock, Schill saß derweil oben im vierten Stock vor Dutzenden Fotografen und Kamerateams, was er ausführlich genoss. Schill grinsend: „Wir wollen doch hier kein Medienspektakel draus machen.“ Frühauf und Mettbach beschlossen darauf hin, die Vorstandssitzung zu vertagen. Schill eröffnete die Sitzung trotzdem mit lediglich zwei Teilnehmern außer ihm.

Wie die Hamburger Rechts-Koalition angesichts eines solchen Chaos weiter existieren kann, ist unklar. Frühauf behauptete zwar nach wie vor fröhlich: „Die Koalition steht“, aber andere Schill-Leute sprechen davon, dass „Partei und Regierung am Abgrund stehen“.

Zusammengetroffen waren die beiden Kontrahenten nur kurz. Mettbach gab Schill die Hand, dann verschwand er wieder wortlos. Anschließend meinte er lediglich, es sei „Schills gutes Recht zu versuchen, mich aus der Partei zu werfen“. Wenn Mettbach heute zur Senatssitzung geht, sei dies alles „kein Thema, das ich mit dem Bürgermeister besprechen werde“.

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) beteuerte gestern, dass er gern weiter regieren würde. So lange er eine „verlässliche“ parlamentarische Mehrheit habe, sehe er keinen Anlass zu vorzeitigen Neuwahlen. Wenn allerdings, so von Beust, „die Mehrheit weg ist, ist es vorbei“.

Voraussetzung für den Fortbestand der Rechts-Koalition sei die Abstimmung der Bürgerschaft über den Haushalt für das kommende Jahr in der nächsten Woche. Dies sei „eine entscheidende Hürde“, die genommen werden müsse. Von einer Vertrauensfrage will von Beust vorerst nichts wissen: „Jede Abstimmung ist eine Vertrauensfrage.“

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