Bilderflaute bei der Abendschau

Mehrere Sendungen des RBB litten gestern unter Mitarbeitermangel. Die frei Beschäftigen protestierten damit gegen die Personalpolitik der Senderleitung

Viele aufmerksame Zuschauer der Abendschau wunderten sich gestern über eine ungewohnte Aufmachung der Sendung. Denn viele der üblichen Mitarbeiter waren nicht zum Dienst erschienen, berichtete ein Sprecher von RBB-Protest, dem Zusammenschluss der freien Mitarbeiter des Senders. Die Programmdirektion sei unter anderem gezwungen gewesen, kurzfristig fünf Kamerateams anzumieten, da zahlreiche Kameraleute ohne Festanstellung blau gemacht hätten. Geballtes Fehlen von freien Mitarbeitern wurde auch für die Sendungen ZIBB und Tagesschau vermeldet.

Seit Wochen schwelt beim Rundfunk Berlin-Brandenburg ein heftiger Streit zwischen Mitarbeitern und Senderleitung. SFB und ORB hatten ihre Programme massiv mit freien Mitarbeitern produziert. Nach der Senderfusion zum RBB versucht die neue Intendantin Dagmar Reim diese rechtliche Grauzone abzuschaffen – unter anderem durch die Beschränkung der Arbeitszeiten der rund 1.500 Freien (taz berichtete). Mit ihrem ersten Quasistreik wollten die Mitarbeiter erreichen, dass ein externer Vermittler eingeschalten wird. Die CDU-Politikerin und ehemalige Rundfunkrätin Monika Grütters habe sich dafür angeboten, heißt es von RBB-Protest. Konkrete Verhandlungen zwischen Geschäftsleitung und freien Mitarbeitern hat es bisher nicht gegeben.

Die offensiven Vorgehensweise von RBB-Protest zeigte mittlerweile erste Auswirkungen auf die Haltung der Geschäftsleitung: Alle zum Jahresende auslaufenden Verträge wurden verlängert. Aus Sicht von RBB-Protest handelt es sich hierbei jedoch um einen Versuch, das Problem auszusitzen.

Unter den freien Mitarbeiter ist unstrittig, dass die Beschäftigungszeiten nicht auf dem selben Stand wie vor dem Beginn der Fusion von SFB und ORB gehalten werden kann. Die eigentlichen Ursachen der Spannungen liegen in der Intransparenz bei der Reduzierung des Personals. Jan Lerch, Sprecher von RBB-Protest und dem Publikum als Moderator der Abendschau bekannt, kritisierte: „Es wird weitergemauschelt wie bisher, die momentanen Verlagsverlängerungen sind eine Fortsetzung der umstrittenen Praktiken bei ORB und SFB. Was wir jetzt brauchen, ist eine klare Übergangsregelung.“ Die von der Intendantin angekündigte Beschränkung der Beschäftigung der „Festen Freien“ auf sechs Jahre wird als unzumutbare Einschränkung empfunden. Die Verträge der derzeitigen freien Mitarbeiter des RBB wurden sogar nur um maximal zwei Jahre verlängert. Die Folgen für Programme wie SFB4 Multikulti oder Inforadio, die laut Lerch zu 70 Prozent von freien Mitarbeitern getragen werden, dürften verheerend sein.

Auf einer von Dagmar Reim und der RBB-Leitung anberaumten Informationsveranstaltung hatten am vergangenen Donnerstag freie Mitarbeiter die Gültigkeit des Leistungsprinzips bei der Vergabe der verringerten Aufträge eingefordert. Es könne nicht sein, so ein Redakteur von Inforadio, dass immer die Mitarbeiter mit den meisten Erfahrungen gehen müssten. Wenig später bekam die Geschäftsleitung einen Vorgeschmack darauf, wie Zusammenarbeit mit freien Mitarbeitern in Zukunft auch aussehen könnte: Die freien Beschäftigten erklärten die Veranstaltung für beendet und setzten die Veranstalter vor die Tür. BASTIAN BREITER