Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Die Geschichte des jungen Prinzenpaars „Leonce und Lena“ aus Georg Büchners gleichnamigem Theaterstück ist alt und immer wieder neu. Umgetrieben von der Frage „Wie sollen wir leben?“ und vor allem „Wozu?“ traumtanzen die beiden seit 1836 durch das deutschsprachige Theater, und ab Mittwoch machen sie es auch über die Bühne des Maxim Gorki Theaters, wenn nämlich Jan Bosses als Koproduktion mit dem Schauspiel Köln entstandene Inszenierung Berliner Premiere hat. In Shakespeares Tragödie „Othello“ steht eine Figur im Zentrum, die zu einer Minderheit gehört und auch deshalb zum Stein des Anstoßes für den Tragödienplot wird: der dunkelhäutige Feldherr der Republik Venedig, der sich durch eine Intrige ins Verderben locken lässt. In ihrer neuesten Arbeit „Othello, c’est qui“ reflektieren Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen am Donnerstag in den Sophiensælen Stoff und Aufführungstradition in Zeiten, in denen der eurozentristische Blick längst gebrochen ist und alle Fragen wieder offen sind. Im Übrigen wird im Haus der Berliner Festspiele am Freitag, 1. Mai, das Berliner Theatertreffen eröffnet, und zwar mit der spektakulären Fluxusoper von Christoph Schlingensief „Kirche der Angst“, in der er auch seine schwere Krebserkrankung thematisierte. Samstagabend diskutiert Schlingensief dann mit dem SPD-Kanzlerkandidaten und Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Carolin Emcke und dem Regisseur Volker Lösch über Fragen von „Politik und Privatheit“ unter besonderer Berücksichtigung von Identitäten und Biografien im Rampenlicht. Aus diesem Anlass muss hier auch einmal die dringliche Frage gestellt werden, wer eigentlich unser Privatleben vor den Prominenten schützt, die uns beständig mit ihren Krankheiten, Affären und Schönheitsoperationen traktieren, dass es davor kaum noch ein Entkommen gibt.

„Leonce und Lena“: Maxim Gorki Theater, ab Mi.

„Othello, c’est qui“: Sophiensæle, Do.

Theatertreffen: Haus der Berliner Festspiele, 1.–18. Mai