Gegen salonfähigen Rassismus

Bei der Verleihung des Bilz-Preises an „Öffentlichkeit gegen Gewalt“ steht der Kölner SPD-Chef Jochen Ott in der Kritik. Seine These von der „Mulitkultitrallala-Politik“ wird scharf zurückgewiesen

Von Jürgen Schön

Renan Demirkan fand deutliche Worte: „Die Forderung der baden-württembergischen Kultusministerin Schavan, dass in den Moscheen nur deutsch gepredigt werden dürfe, ist gemein, faschistoid und rassistisch.“ Die deutsche Schauspielerin türkischer Herkunft hielt die Laudatio bei der Verleihung des Bilz-Preises am Freitag Abend im EL-DE-Haus. Der Preis wird von der Bilz-Stiftung an Institutionen verliehen, die sich mit ihrer Arbeit gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und für Völkerverständigung einsetzen. In diesem Jahr ging er an „Öffentlichkeit gegen Gewalt“ (ÖgG).

Der Kölner Verein ist seit rund 12 Jahren nicht nur eine wichtige Beratungsstelle für Menschen, die Rassismus erfahren. Etwa weil sie wegen ihrer Herkunft oder Religion keine Wohnungen bekommen oder denen wegen ihrer Hautfarbe der Zutritt in Diskotheken verwehrt wird. Zentrales Anliegen von ÖgG ist es, solche Fälle – in Absprache mit den Betroffenen – öffentlich zu machen. Ziel ist, so den alltäglichen Rassismus aufzuzeigen, insbesondere den strukturellen, wie er sich etwa „unauffällig“ in Gesetzen und bei Mitarbeitern von Behörden findet.

„Steilvorlage für Rechts“

Es gilt dabei, so das ehemalige Vorstandsmitglied Gabriele Metzner, diejenigen beim Namen zu nennen, die Rassismus „salonfähig“ machen. Sie nannte die „Klau-Kid“-Kampagne des Express und als aktuellstes Beispiel den Kölner SPD-Parteichef Jochen Ott. Der hatte letzte Woche in einem Interview des Kölner Stadt-Anzeiger von der „Multikultitrallala-Politik der Rot-Grünen“, gesprochen, „die unseren Städten massiv geschadet“ habe. „Das ist eine Steilvorlage für Rechts“, sagte Metzner und wandte sich gegen Otts indirekte Unterstellung, Türken genössen in Deutschland Sonderrechte. Dass Ott sich mit solchen Äußerungen als Mitglied des Integrationsrats profilieren wolle, sei wohl nur durch die Karnevalszeit zu erklären.

Aufklärung bleibt nötig

„Wir brauchen einen Richtungswechsel in der Politik“, stellte ÖgG-Vorsitzende Gerburg Benneker fest. Zur Zeit scheine der Verein nötiger denn zu sein. „Es melden sich immer mehr schwarze Deutsche, die sich über Diskriminierungen beklagen.“ Da kommen die 5.000 Euro Preisgeld mehr als gelegen. Vor allem zwei Projekte sollen damit vorangebracht werden. Das eine ist die Lobbyarbeit für die „überfällige“ Verabschiedung des von der EU geforderten Antidiskriminierungsgesetzes. Das andere sind Aufklärungsmaßnahmen über den Islam, um der „Islamophobie“ und dem dadurch geförderten Fremdenhass entgegenzuwirken. Zu den Daueraufgaben gehört weiterhin der Einsatz für Menschen, die illegal und ohne Papiere in Köln leben. Benneker schätzt ihre Zahl auf 20.000. „Sie müssen Zugang zu Bildung und Ärzten erhalten“, fordert sie.

Zum Schluss der Veranstaltung kam dann noch eine gute Nachricht aus Düsseldorf. Ein Vertreter des Landessozialministeriums berichtete in seinem Grußwort, man habe gerade den Haushalt fürs nächste Jahr diskutiert. Das Ergebnis: „Öffentlichkeit gegen Gewalt muss sich keine Sorgen um die Zukunft machen.“