Festival der Fehlpässe

Eine Lehrstunde im Chancenauswerten gab es für Dortmund frei Haus. Werder gewinnt 2:0 – dank französischer Cleverness

Die Bremer spielen den Ball hin und her, fast wie im Flipperautomaten

Aus BremenKlaus Wolschner

Das war eine bittere Partie. Jedenfalls aus der Sicht eines Dortmund-Fans. „Es hätte auch 2:3 für Dortmund ausgehen können“, sagt Jonas. Er ist ein Dortmund-Fan quasi von Geburt an und 10 Jahre alt. Warum hat Dortmund diese Tore nicht gemacht? „Die Chancenauswertung war schlecht wie immer“, sagt er.

Die Bremer Mannschaft stolperte am Anfang über die eigenen Füße. Im kleinen Quadrat wurde der Ball zerfahren hin und her gespielt, bis er verloren war. Kaum ein Spielzug, der aus dem Mittelfeld richtig nach vorn führte. Fehlpässe, immer wieder Fehlpässe. Und dann der Fall von Ivan Klasnic in der 17. Minute. Er sprang höher als er konnte. Konnte sich nicht mehr drehen, krachte rücklings auf die Schulter. Eine symbolträchtige Szene: gescheitert am eigenen Ehrgeiz. Eingewechselt wurde Angelos Charisteas der gleich in der 24. Minute gelb sah.

Sicherlich, Werder hatte Chancen. Aber von einem deutlichen Übergewicht konnte bis zur 32. Minute keine Rede sein. Da spielen die Bremer den Ball vor dem Dortmunder Strafraum hin und her, fast wie im Flipperautomaten. Kein Durchkommen. Der Ball wechselt zu weit auf die linke Seite, Miroslav Klose schießt aus viel zu spitzem Winkel, hart. Dortmunds Schlussmann Roman Weidenfeller wehrt den Ball mit dem Fuß ab, unglücklich springt er Richtung Johan Micoud. Der reagiert blitzschnell, schiebt zum 1:0 ein.

Eine Art Abstauber, aber immerhin. Die Dortmunder Elf hatte bis dahin auch einige Chancen, nutze sie aber nicht. Das 1:0 schockte sie. Einige Minuten lang dominierte Werder das Spiel, machte Druck aufs Tor und besserte die Ecken-Bilanz auf. Die Dortmunder Fans wachten auf. Durch einige gute Konter wurden sie belohnt. Chancenauswertung – weiterhin null.

Nach der Pause machte der BVB dann richtig Druck, unterstützt von der schwarz-gelben Westkurve, die Werder-Keeper Andreas Reinke jetzt im Rücken hatte. Dann kam die verflixte 55. Minute. Eckball: Micoud schießt, Fabian Ernst geht hinter Jan Koller in die Luft, hält ihn sozusagen von Valérien Ismaël fern, der bekommt das Leder direkt auf den Kopf – 2:0. Die Bremer Fans sind außer sich, das Spiel ist vermeintlich entschieden.

Doch Dortmund kommt noch mal, in der 73. Minute: Der Ball kullert von Kollers Kopf direkt in die Arme von Reinke. Hätte Bremen in einer solchen Situation schneller reagiert? Jedenfalls hatte der BVB kein Glück bei der Chancenauswertung. Die Zahl der gefährlichen Situationen nahm ab, vor dem Bremer Tor noch mehr als vor dem Dortmunder. Die ersten Zuschauer gingen, die Dortmunder Fans rollten die Fahnen ein.

Werder hat nach vier Niederlagen wieder Platz 5 der Tabelle erobert. Trainer Thomas Schaaf äußert sich vorsichtig. Manager Klaus Allofs gab die Parole aus: Die beiden nächsten Spiele müssen auch gewonnen werden. Werder spielt nächsten Samstag in Freiburg.

„Es ist natürlich schwierig, wenn nur fünf Spieler den Erfolg wollen“, gab sich BVB-Coach Bert van Marwijk zerknirscht. Tomás Rosicky konnte sich als Spielgestalter fast nie durchsetzen. Dede hatte wenige Chancen, konnte noch weniger nutzen und wurde bald nach Beginn der zweiten Halbzeit ausgewechselt. Dortmund ist nach dem 15. Spieltag Sechster – von hinten.