„Verklagen Sie mich doch endlich!“

Auf der Podiumsdiskussion über die Gaspreise schlägt der swb eine Welle der Empörung entgegen: 150 wütende Gaskunden, Verbraucherschützer und die Spitzen von SPD, CDU und Grünen wollen Fakten sehen. Die swb lehnt ab

„Bevor Sie Ärger mit uns kriegen, machen Sie sich doch Ärger mit der Ruhrgas.“

Bremen taz ■ Das Drohen des swb-Vorstands vorne vom Podium herab schreckt den wütenden Gas-Kunden im vollbesetzten Festsaal der Bürgerschaft nicht im Geringsten. Es ist Freitagabend, Verbraucherschützer haben zur Diskussion über die Gaspreise geladen. Neben dem swb-Vertriebschef Andreas Gonschor sitzen die Landeschefs von SPD, CDU und Grünen, auch sie vehemente Kritiker der Preiserhöhungen. Gonschor gibt sich unbeeindruckt. Kunden, die ihren Gaspreis nicht in voller Höhe zahlten, werde man zur Not vor den Kadi zerren, kündigt er trocken an. Da steht der Mann im Saal auf, er trägt Jeans und einen knallroten Pulli, schnappt sich ein Mikrofon: „Ich möchte das ganz gerne, dass Sie mich verklagen“, sagt er: „Das Erste, was ich dann mache, ist: Ich gehe zur Verbraucherzentrale.“

Deren Geschäftsführerin Irmgard Czarnecki hatte zuvor deutlich gemacht, dass man die erste Klage der swb fast sehnsüchtig erwarte. Dann nämlich müsse das Monopolunternehmen vor Gericht genau das tun, was es bisher mit aller Macht verweigere: die Fakten auf den Tisch legen und plausibel nachweisen, dass die Erhöhung der Gaspreise zum 1. Oktober und 1. Januar tatsächlich gerechtfertigt sei.

Die „Kommunikation“ der swb nach außen, mit ihren Kunden, müsse besser werden, das habe man gelernt, räumte Gonschor ein. In die eigenen Karten aber werde man sich unter keinen Umständen kucken lassen, das habe man mit der Ruhrgas so abgemacht. „Sie sind Monopolist, da habe ich ein Anrecht darauf“, zeterte CDU-Chef Bernd Neumann. „Sie können uns doch hier nicht für dumm verkaufen und uns irgend was erzählen“, rief Grünen-Vorstandssprecher Dieter Mützelburg. „Bevor sie Ärger mit uns Verbrauchern kriegen, machen Sie sich doch Ärger mit der Ruhrgas“, appellierte SPD-Landeschef Carsten Sieling. Gonschor blieb hart: Die Kalkulation offen legen, „das machen wir nicht“.

Unstimmigkeiten witterte der swb-Vertriebschef statt in der eigenen, eher in der Kalkulation der Verbraucherzentrale. Kunden, die deren Musterrechnung benutzten, um ihren Gaspreis selbst auszurechnen, würden unter dem Strich gar keine Erhöhung mehr bezahlen, wunderte er sich in Richtung Czarnecki. Die bestätigte seine Beobachtung. „Kein einziger Verbraucher“ müsse irgendeine Erhöhung zahlen, bevor nicht ein Gericht festgestellt habe „welcher Preis gerechtfertigt ist.“

Für die swb, machte Sieling deutlich, stehe beim aktuellen Streit weit mehr auf dem Spiel als ein paar Prozent mehr Einnahmen aus dem Gasverkauf. Als lokaler Energieversorger in einem künftig noch weiter liberalisierten Markt müsse das Unternehmen unbedingt darauf achten, seine „hohe Akzeptanz“ in Bremen zu bewahren. Ihr Gas, betonte Holger Krawinkel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen, müssten die Verbraucher zwar noch notgedrungen bei der swb beziehen. Beim Strom indes könnten sie schon längst ihren Lieferanten frei wählen. Eine „regelrechte Wechselstimmung“ habe er da bereits ausgemacht. Ein Entgegenkommen bei den Gaspreisen, so Sieling, könne so gesehen auch als „Investition in die Zukunft“ betrachtet werden, „die dafür sorgt, dass die swb in dieser Stadt einen guten Ruf hat.“ Ob das ansonsten so bleibe, unterstrich Sieling mit Blick auf swb-Mann Gonschor, „das haben Sie in der Hand.“

Armin Simon