Schill will weiter Chef sein

Ronald Schill will seine Entmachtung anfechten und strebt Bundesvorsitz an. Die Regierungskrise in Hamburg schwelt weiter, obwohl die Schill-Fraktion ihre Geschlossenheit beteuert. Entscheidung wird für nächste Woche erwartet

AUS HAMBURG SVEN-MICHAEL VEIT

Ronald Schill gibt nicht klein bei. Er werde, kündigte er gestern Nachmittag auf einer Pressekonferenz in Hamburg an, gegen seine Amtsenthebung als Landesvorsitzender das Bundesschiedsgericht der Partei anrufen. „Ich bin amtierender Landesvorsitzender.“ Er kündigte an, am Abend die turnusmäßige Sitzung des Landesvorstands „wie üblich zu leiten“. Seine Entmachtung durch den Bundesvorstand am Sonnabend in Berlin sei „null und nichtig“. Zugleich bestätigte Schill, jetzt Bundesvorsitzender der Partei werden und Amtsinhaber Mario Mettbach ausschließen zu wollen. Der Hamburger Zweite Bürgermeister habe, so Schill wörtlich, „eine Diktatur errichtet“, das werde er sich nicht bieten lassen.

Anfang Februar soll ein Sonderparteitag einberufen werden. Nach einer dpa-Umfrage haben sich bereits fünf Landesverbände hinter ihren Parteigründer gestellt. Und wenn es nach Schill geht, kommt es dann zum Showdown zwischen ihm und Mettbach.

Stabiler wird die Rechtskoalition in der Hansestadt durch Schills erneute Drohungen keineswegs. Und das, obwohl 21 der 25 Schill-Abgeordneten am Sonntagabend nach mehrstündiger Debatte hinter verschlossenen Türen beteuert hatten, „geschlossen“ zur Koalition zu stehen. „Bürgermeister Ole von Beust kann weiterhin mit uns rechnen“, verkündete ein sichtlich erleichterter Fraktionschef Norbert Frühauf. Man müsse, so der Abgeordnete und Schill-Getreue Bodo Adolphi, „zwischen der Partei und der Koalition trennen“. Zwar sei Schills Amtsenthebung „ein Königsmord“ gewesen. Vordringlicher jedoch sei, so die vereinbarte Sprachregelung, Neuwahlen und einen wahrscheinlichen Sieg von Rot-Grün „zu verhindern“.

Wie lange der Burgfrieden im Rathaus der Hansestadt anhält, ist gleichwohl offen. Außer Schill nahmen drei weitere seiner treuesten Gefolgsleute gar nicht erst an der Fraktionssitzung teil. Vier Abweichler jedoch würden die Mehrheit der Koalition aus CDU, Schill-Partei und FDP sprengen – die beträgt exakt vier Stimmen.

Nächste Woche in der Haushaltsberatung der Bürgerschaft kommt es zum Schwur – oder auch nicht. Dies sei „die entscheidende Hürde“, sagte von Beust gestern. Die Vertrauensfrage zu stellen, erwäge er allerdings nicht, so der Bürgermeister, obwohl oder gerade weil die Opposition, SPD und Grüne, ihn dazu auffordert. Klar sei jedoch auch: „Wenn die Mehrheit weg ist, ist es vorbei.“