Gersters Billig-BMWs

Nicht nur der Herr aller Arbeitslosen verfiel dem indiskreten Charme der Bayerischen Motorenwerke

„Ein BMW ist manchmal billiger als ein Golf.Normale Markengesetze gelten nicht“

BERLIN taz ■ Florian Gerster ist derzeit ein umstrittener Mann. 300 BMWs hat er geleast, schnittige 320er-Diesel. Bei den Arbeitslosen kürzt er, in der eigenen Anstalt prasst er – so empfand das die Öffentlichkeit. Doch Experten meinen: Ein Skandal ist das mit den Autos nicht. Denn der Münchener Autobauer drückt seine Fahrzeuge mit günstigen Leasing-Angeboten in den Markt – um bei öffentlichen Aufträgen die Konkurrenz auszustechen.

Auch die Berliner Polizei, die traditionell im VW Kombi und Bully durch die Hauptstadt fährt, kutschiert seit diesem Jahr 200 der bayerischen Limousinen. „Bei solchen Großaufträgen bieten die Hersteller Preise, von denen ein Privatmann nur träumt. Ein BMW ist manchmal billiger als ein Golf. Normale Markengesetze gelten nicht“, erinnert sich Hubert Schuster, Referatsleiter Mobilität im Polizeiverwaltungsamt Berlin an die Kaufentscheidung.

Grund sei der Werbeeffekt. Jeder Hersteller möchte, dass seine Marke hundertfach prestigeträchtig über die Straßen der Republik fährt – eine gute Gelegenheit, unpopulärere Modelle zu verbreiten oder auf neue aufmerksam zu machen. „Sie bieten die Autos fast zum Selbstkostenpreis an.“ Schuster ist Fachmann, der die Branche genau studiert. Als er Neuautos für die Berliner Polizei anschaffte, stellte er schnell fest. „BMW ist der günstigste Anbieter.“

Auch dass Gerster die Autos auf Zeit mietet, also least und nicht etwa kauft, entspricht ökonomischer Vernunft. Schon Privatleute, so fand es vor einigen Monaten die Stiftung Warentest heraus, fahren bei den Bayerischen Motorenwerken und vielen anderen Marken am billigsten, wenn sie sie leasen. Dies gilt umso mehr bei Großaufträgen für den öffentlichen Dienst. Der Hersteller kauft den Dienstwagen nach einer festgesetzen Frist wieder zu zurück. Je teurer ein Auto im Neupreis ist, desto lukrativer kann man es auch wieder verkaufen.

Bis dahin, so hat es zum Beispiel Schuster vereinbart, trägt der Hersteller sämtliche Reparaturen – was allerdings eher für die Polizei ein Argument sein dürfte. Schließlich müssen die Arbeitsämtler keine Verfolgungsjagden mit den Autos veranstalten. Eine teure Limousine rechne sich langfristig, so die Dumping-Experten von BMW, weil er wenig Benzin verbrauche. Der BMW, den die Arbeitslosenverwalter anschafften, fährt vergleichsweise schadstoffarm. Die neuen Berliner Polizeiflitzer verbrauchen mit 8 Litern nicht mal die Hälfte von dem, was der alte Bully verschlang.

Derweil verteidigt sich die Bundesanstalt für Arbeit gegen Vorwürfe der Prasserei. Erstens sei BMW der günstige Anbieter gewesen, zweitens habe man die Zahl der Dienstfahrzeug insgesamt erheblich reduziert. Waren in diesem Jahr noch 744 Wagen für die Arbeitsanstalt unterwegs, so werden es 2004 nur noch 533 sein – unter ihnen auch Kleinbusse und Transporter, die beim Einsatz gegen Schwarzarbeit benötigt werden.

Grundsätzlich gilt: Zurzeit übt die Dienstwagenbranche Zurückhaltung. Vor allem „Prestigeautos“ beutelte die Konjunktur; jene Nobelflitzer, mit denen ein Chef seine Führungskräfte belohnt. Politisch korrektes Understatement nennt das die Branche: Es macht sich nicht gut, wenn ein Personalchef Mitarbeiter entlässt – und dann in einen neuen 12-Zylinder einsteigt.

Gerster hat sich also, so toll die Billig-BMWs auch sein mögen, eins vorzuwerfen. Wer Millionen für Promi-Autos ausgibt, sollte zumindest öffentlich machen, warum er gerade diesem Anbieter den Vorzug gab. „Die Entscheidung transparent machen, das ist bei öffentlichen Aufträgen fast ebenso wichtig, wie den besten Anbieter zu wählen“, sagt auch Polizeimann Schuster. COSIMA SCHMITT