Schwarz-Schill macht Schluss

Rechts-Koalition ist am Ende: Hamburg muss am 29. Februar neue Bürgerschaft wählen, Parlamentsauflösung am Tag vor Silvester geplant. Ole von Beust, CDU und FDP wollen sich von Schill befreien. Spaltung der Populistenpartei erwartet

von PETER AHRENS

Traurig ist gar niemand. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Freytag jubelt vom „Befreiungsschlag“, und sein FDP-Kollege Burkhardt Müller-Sönksen freut sich über den „mutigen Schritt“. Und selbst der Dritte im Bunde, Schill-Fraktionschef Norbert Frühauf, verkündet der Presse mit dem fröhlichsten Gesicht der Welt, dass es demnächst in dieser Stadt wieder etwas zu wählen gebe. Die Herren reden wohlgemerkt vom Ende der Regierung, an der sie selbst maßgeblich beteiligt sind.

Dass Bürgermeister Ole von Beust (CDU) der siechenden Koalition gestern Nachmittag vor der Landespressekonferenz im Rathaus den Gnadenschuss verpasste, scheint selbst die Betroffenen mit Erleichterung zu erfüllen. Nach der kabarettreifen Vorstellung der Schill-Partei vom Abend zuvor mit Ronald Schill in der Hauptrolle (taz berichtete) konnte nichts mehr kommen. Außer der Feststellung des Bürgermeisters: „Jetzt ist Schluss mit lustig.“

Das frühzeitige Ende der Wahlperiode hatte von Beust gestern Vormittag bereits mit CDU und FDP abgesprochen. Mettbach und die Schill-Partei wurden über die vollendeten Tatsachen in Kenntnis gesetzt. Wer so mit einem Koalitionspartner umgeht, scheint nicht mehr mit der Möglichkeit zu rechnen, dass er demnächst noch auf ihn zurückgreifen kann.

„Nachher ist man immer klüger“, sagt von Beust auf die Frage, ob einer Koalition mit Schill nicht von Beginn an das Scheitern innewohnte. Bei den Koalitionsverhandlungen sei das Klima zwischen den Parteien schließlich noch so gut gewesen, auch rechne man bei der Eheschließung gemeinhin nicht, dass es zur Scheidung komme. Dass „diese Person“ im Lauf der Zeit immer psychopathischer geworden sei, habe er ja nicht ahnen können, war von Beust ganz Arglosigkeit in Person.

Zuletzt hatten CDU und FDP allerdings nur noch auf eine Gelegenheit gewartet, dem täglichen Trauerspiel ein Ende zu bereiten. Schon in der Vorwoche hatten beide Parteien Säle und Räumlichkeiten für Wahlkampfveranstaltungen im Januar gebucht. FDP-Bildungssenator Reinhard Soltau fiel es denn auch nicht schwer davon zu reden, dass „Schill die Schmerzgrenze eindeutig überschritten“ habe und deswegen nun Schluss gemacht werden müsse. Man habe diese Stadt nicht mehr „mit Weltoffenheit und Toleranz gleichgesetzt“, gehen dem gerade erst seit zwei Wochen amtierenden Senator plötzlich die Augen auf. Soltau soll heute Abend vom Landesvorstand als Spitzenkandidat seiner Partei für den Wahlkampf nominiert werden.

Dass der bei der CDU Ole von Beust heißen wird, ist ohnehin klar. „Ich stehe bereit und gehe davon aus, dass die Partei mich aufstellt“, sagt von Beust, der mit einem CDU-Ergebnis jenseits der 40-Prozent-Marke liebäugelt. Dass er gestern dazu und zu möglichen Koalitionen nichts sagen wollte, gehört zu den üblichen Gepflogenheiten solcher Ereignisse.

Unklarer ist das Bild bei der Schill-Partei. Mario Mettbach – „Ich bin froh, dass dieses Theater nun vorbei ist“ – will wieder antreten. In welcher Partei und wie sie dann heißt, ist allerdings angesichts der chaotischen Führungsstruktur der Schillianer völlig offen. Landesgeschäftsführer Wolfgang Barth-Völkel, einer der engsten Gefährten des entlassenen Innensenators, rechnete noch für den gestrigen Abend mit einer Spaltung der Partei. Einem Rauswurf Schills würden dessen Vertraute „nicht tatenlos zusehen“.

Mettbach machte gestern jedenfalls klar, dass er „nur in einer Partei auf Dauer bleiben wird, die nicht den Namen Schills trägt“. Wenn „dieser Mann, der glaubt, eine ganze Stadt in der Hand halten zu können“ in irgendeiner Form in der Partei mitmische, werde Mettbach sich aus dieser Gruppierung verabschieden.

Aus der Fraktion soll Schill am Freitag rausgeworfen werden. Fraktionschef Frühauf rechnet für diesen Antrag mit höchstens vier Gegenstimmen. Bedeutung hat diese Maßnahme ohnehin nicht mehr, da die Tage der Fraktion mit den anstehenden Neuwahlen gezählt sind. Der Bundesvorstand entzog Schill gestern wegen parteischädigenden Verhaltens seine Mitgliedsrechte. Als Landesvorsitzender in Hamburg sei Schill abgesetzt, erklärte Otmar Korte, Vorsitzender des Bundesschiedsgerichts der Rechtsaußen-Partei.

Der Mann, um den sich gestern noch einmal fast alles drehte, tat etwas für ihn ganz Ungewöhnliches: Schill schwieg.

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