Einblick (28)

Paula BöttcherExgaleristin

taz: Seit wann und warum leben Sie in Berlin?

Paula Böttcher: Ich bin seit 1996 in dieser Stadt polizeilich gemeldet, nutze sie als Tor zum Osten und warte darauf, dass Schröder der Doppelstaatsbürgerschaft stattgibt.

Wie wichtig ist der Standort Berlin für Ihre Arbeit?

Der Vorteil an Berlin ist, dass die Stadt im Moment keine andere Wahl hat, als sich liberal zu geben. Man kann in Ansätzen unbehelligt das sagen, was man denkt, und tun, was man will. Ein Bonus, den manch andere Stadt, manch anderes Land nicht vorzuweisen haben. Sieht man, was damit und daraus gemacht wird, ist es der einzige und vorübergehende Vorteil, den Berlin hat.

Woran arbeiten Sie gerade?

Lassen Sie mich unseren Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin zitieren, weil besser als er kann es keiner sagen: „Die Wunderkammern der Utopien sind leer gefegt!“ Also: Zwei Tage hat das Publikum noch die Chance, Elena Kovylinas Ausstellung zu sehen, dann wird die Wunderkammer ausgefegt und ich stelle ich mich der Leere. Utopia bleibt, ich bastele weiter daran, auch wenn ich, den Schustern zum Trotz, nicht bei meinen Leisten bleibe …

Was wundert Sie in der Berliner Kunstlandschaft am meisten?

Ihre hinter Glanz und Label nicht mehr zu versteckende indifferente Selbstgefälligkeit. Sie wundert mich nicht mehr nur, sondern ekelt mich an. Im selben Sinne „wundert“ mich ganz aktuell die Haltungslosigkeit unserer Staatsministerin für Kultur und Medien, die auf Geheiß der russischen Regierung die Auslagerung der im Gropiusbau geplanten Veranstaltung zum Tschetschenienkrieg verfügt hat. Ein Armutszeugnis einer ach so liberalen Kulturhauptstadt.