Familienunternehmen

Podiumsdiskussion: Wie sind Kind und Arbeitsalltag zu vereinbaren? Werbung fürs Familiensiegel

bremen taz ■ Immer mehr Menschen bekommen heute keine Kinder, weil das oft mit Karriereverzicht gleichgesetzt wird. Hinzu kommt die Rabenmutter-Debatte: „Wenn Frauen ihr Kind schon früh öffentlich betreuen lassen wollen, wird ihnen oft ein schlechtes Gewissen gemacht. Da ist die faschistische Mutterideologie noch immer nicht ausgerottet“, fand Marieluise Beck auf der gestrigen Podiumsdiskussion „Vorteile einer familienfreundlichen Personalpolitik“ in der Bremer Bürgerschaft gestern harte Worte.

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium stellte den Unternehmenswettbewerb „Erfolgsfaktor Familie 2005“ vor, mit dem familienfreundliche Betriebe ausgezeichnet werden sollen. Bisher haben sich über 300 Unternehmen – vom kleinen Handwerksladen bis zum riesigen Konzern – registrieren lassen, die Bewerbungsfrist endet am 15. Dezember. Da Unternehmen sich eher selten nur von moralischen Grundsätzen leiten lassen, gibt es für die Gewinner Geld- und Sachpreise.

Sehr kostenintensiv ist zum Beispiel ein eigener Betriebskindergarten – und nicht immer notwendig. Harald Schiff, Prokurist der Bremer Importfirma Henry Lamotte GmbH, skizzierte kurz die Mitarbeiterstruktur des Unternehmens: Von 180 Beschäftigten sind über 100 weiblich, der Altersdurchschnitt liegt bei 35 Jahren – macht viele Frauen im gebärfähigen Alter. Der Betrieb startete eine Umfrage über gewünschte familienfreundliche Maßnahmen – verblüffendes Ergebnis: Die meisten wollen vor allem flexible Arbeitszeiten, einen eigenen Betriebskindergarten wünschen sich aber nur wenige. „Wir sitzen im Güterverkehrszentrum, das ist keine schöne Atmosphäre für einen Kindergarten. Viele wollen ihr Kind auch eher in der Nähe ihrer Wohnung unterbringen“, nennt Schiff Gründe. Zudem wäre ein eigener Kindergarten für das mittelständische Unternehmen zu groß.

Der Wettbewerb soll Anstöße für solche und andere familienfreundliche Maßnahmen geben. Vorstellbar sei vor allem für kleinere Unternehmen die Möglichkeit miteinander zu kooperieren und mit professionellen Betreuern zusammenzuarbeiten. Doch bis zur völligen Vereinbarkeit von Kind und Karriere ist es noch ein sehr weiter Weg. Beck selbst gestand zum Abschluss der Veranstaltung ein: „Ich rede seit 30 Jahren über dasselbe Thema, aber es geht enorm langsam voran.“ Ulrike Schröder

www.erfolgsfaktor-familie.de