SPD bricht letzte Brücke ab

Die SPD will den Ausschuss Berlin-Brandenburg auflösen. Doch Koalitionspartner PDS wendet sich gegen den Plan. Auch Oppositionsfraktionen halten Gremium trotz gescheiterter Fusion für wichtig

VON STEFAN ALBERTI

Das verbindende Element ist gut 20 Meter hoch und tiefgrün. Aus der Gegend von Zehdenick kommt das Tannengeschenk vor dem Abgeordnetenhaus, morgen schaut Brandenburgs Forstminister vorbei, um die Beleuchtung anzuknipsen. Doch während man draußen Einvernehmen trotz gescheiterter Fusion zelebriert, möchte die SPD drinnen den für die nachbarschaftlichen Beziehungen zuständigen Ausschuss auflösen (die taz berichtete): Ohne Fusion sei er überflüssig. Koalitionspartner PDS lehnt das ab: „Es wäre ein fataler Fehler, den Ausschuss nur unter dem Stichwort Fusion zu sehen“, sagte die Parlamentsvize Martina Michels der taz. Das Gremium sei „nach wie vor sehr wichtig“.

Die SPD begründet ihre Forderung mit geringem brandenburgischem Interesse an dem Ausschuss, der in der Regel monatlich tagte, bei jeder zweiten Sitzung mit Brandenburger Abgeordneten. Die seien nicht unbedingt mit großer Begeisterung in die Sitzungen gegangen, sagte SPD-Fraktionsvize Karin Seidel-Kalmutzki (siehe Interview).

Die alte und neue Brandenburger Regierung aus SPD und CDU hatte in ihrem Koalitionsvertrag auf den zuvor vorgesehen Fahrplan – 2006 Volksabstimmung, 2009 Fusion – verzichtet. Bei der gegenwärtigen Stimmung gebe es keine Chance für eine erfolgreiche Abstimmung, hieß es zur Begründung. Zu groß seien Ängste vor Berliner Schulden und Dominanz.

Für Berlins PDS und die drei Oppositionsfraktionen CDU, Grüne und FDP ist gerade das Scheitern ein Grund, an dem Ausschuss festzuhalten. Aufgabe des Gremiums sei es, die Zusammenarbeit beider Länder zu forcieren, gerade wenn der Zeitplan für die Fusion stocke, sagte PDS-Frau Michels, die auch Vizevorsitzende des Ausschusses ist. Laut Michels hat die SPD den Auflösungsvorstoß zuvor nicht mit der PDS abgesprochen.

Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann sieht geradezu einen Zwang zur Kooperation. „Der Ausschuss wird ohne konkreten Fusionsfahrplan sogar noch wichtiger als vorher. Denn die vielen Staatsverträge und Vereinbarungen, die jetzt zu treffen sind, dürfen nicht allein von den Landesregierungen ausgehandelt werden“, sagte er. CDU-Ausschussmitglied Andreas Apelt argumentiert ähnlich: Wenn nun Landesbehörden enger zusammenarbeiten würden, „dann möchten wir als Parlamentarier denen dabei auf die Finger schauen“. Für CDU-Landeschef Joachim Zeller ist der SPD-Vorstoß „politische Kapitulation“.

Für Senatssprecher Michael Donnermeyer gibt es den von Ratzmann angeführten Berg von Arbeit gar nicht. „Das Meiste ist ja abgearbeitet“, sagte er und verwies auf die zum RBB fusionierten Rundfunkanstalten und die zusammengelegten Gerichte. Voraussichtlich zu Jahresbeginn würden Senat und Brandenburger Landesregierung zusammen tagen. „Es muss natürlich jetzt eine Neuorientierung geben, wir müssen ja miteinander umgehen“, sagte Donnermeyer.

Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern gibt es bereits auf vielen Feldern. Berlin ist de facto im gesamten Raum für die Spezialmedizin zuständig, so bei schweren Brandverletzungen – Brandenburg bietet die dafür stationäre Rehabilitation an. Das erspart teure Doppelstrukturen. Bei der Polizei waren gemeinsame Ermittlungsgruppen in der Planung. Am Gendarmenmarkt sitzt nicht die Berlinische, sondern die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Beide Länder einigten sich zudem per Staatsvertrag, beim Management ihrer Schlösser und Gärten zusammenzuarbeiten. Der Verkehrsverbund VBB existiert seit 1997. Und eine gemeinsame Planungsabteilung kümmert sich in Potsdam um den Flughafen Schönefeld.