Bahn AG kalkulierte falsch

Statt 300 Millionen nur 200 Millionen Euro Gewinn in diesem Jahr. Aussichten für 2005 auch trübe. Bis zu 8.000 Arbeitsplätze stehen allein im Güterverkehr auf dem Spiel

FRANKFURT/MAIN taz ■ Lediglich „übertrieben“ seien Spekulationen, wonach in den nächsten zwei Jahren 8.000 der knapp 25.000 Arbeitsplätze beim Güterverkehr der Deutschen Bahn AG gestrichen würden, sagte Bahnchef Hartmut Mehdorn gestern zu entsprechenden Meldungen vom Wochenende. – Kein wirkliches Dementi also.

Schließlich will der Konzernchef ein Sanierungskonzept durchsetzen, mit dem bis 2009 pro Jahr rund eine Milliarde Euro eingespart werden soll – mehr als doppelt so viel, wie Opel für seinen Mutterkonzern General Motors alljährlich an Sparquote zu „erwirtschaften“ hat.

Allein bei der Güterverkehrs-Tochter Railion würden schon 2005 rund 2.000 Stellen gestrichen, meldete gestern die FTD. Hintergrund für die Sparwut des kleinen Mannes an der Spitze der Bahn AG sind die aktuellen Zahlen und die heftig nach unten korrigierten Prognosen für 2005. Statt der erwarteten 300 Millionen rechnet die Bahn für 2004 nur noch mit 200 Millionen Euro Gewinn. Und von laut mittelfristiger Finanzplanung 700 bis 800 Millionen Euro Überschuss für 2005 ist aktuell auch nicht mehr die Rede. Jetzt spricht der Bahnboss auch hier lieber von 200 bis 300 Millionen Euro weniger. Und davon, dass die defizitären „Problemsparten“ Fern- und Schienengüterverkehr wohl erst 2006 oder 2007 in die Gewinnzone einfahren würden.

Das jedenfalls sei „die neue Zielvorgabe“, so Mehdorn. Schuld daran sind laut Bahnchef „zu optimistische Konjunkturprognosen“, deshalb müsse jetzt „alles nach unten korrigiert werden“.

Beim Güterverkehr eröffne die EU-Osterweiterung und der damit verbundene Wegfall der ehemals rigorosen Grenzkontrollen dem Transport auf der Straße neue Perspektiven. Güterverkehrsvorstand Bernd Malström denkt deshalb daran, unwirtschaftliche Transportrouten „drastisch“ zurückzuschneiden. Mehdorn ist dagegen. Denn noch sei schließlich der Bund Haupteigentümer der Bahn AG. Und die Bundesregierung setzt aus ökologischen Gründen beim Gütertransport nach wie vor auf die Schiene.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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