Erwärmende Lobhudelei für Stromerzeuger

Wirtschaftsministerium würdigt Engagement der Energiekonzerne für den Klimaschutz. Umweltschützer vergrätzt

BERLIN taz ■ „Die Stromerzeuger stecken viel Geld in den Klimaschutz“, sagte gestern Georg Wilhelm Adamowitsch, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Zum Beispiel in eine Initiative, die „Energie Effizienz“ heißt. Das Engagement zeichnete Adamowitsch denn gestern auch aus. Damit feiere sich die Bundesregierung vor allem selbst, kritisierten Umweltverbände.

Die Initiative gibt Tipps zum Stromsparen für jedermann. Hinter der 13 Millionen Euro schweren Kampagne stecken die Verbände der deutschen Elektrizitätswirtschaft und die Deutsche Energie-Agentur. Gesponsert wird sie von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und: dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.

„Wir machen sie zum Effizienzexperten“, verspricht die Kampagne im Internet. Ein junger Mann mit hochgezogener Braue lächelt vielversprechend: „Sie war heiß, ich meine richtig heiß.“ So wirbt er dafür, Energiesparleuchten zu kaufen anstelle von Glühlampen, die bis zu 90 Prozent der verbrauchten Energie in Wärme statt in Licht umwandeln. Rund 250.000-mal ist die Seite seit ihrem Start im letzten Jahr aufgerufen worden. Wie viel Kohlendioxid dadurch tatsächlich eingespart wurde? Das werde erst Ende nächsten Jahres ausgewertet, erklärt eine Mitarbeiterin. Auf die genauen Zahlen käme es auch gar nicht an. „Wer auf Energieeffizienz achtet, mindert in jedem Fall den Kohlendioxidausstoß“, sagt Christoph Reichle, Sprecher im Bundeswirtschaftsministerium. Deshalb sei es gerechtfertigt, die Stromwirtschaft für ihr Engagement zu loben.

„Ebenso gut kann man die Süßwarenindustrie für ihre Verdienste um die Zahngesundheit würdigen“, empörte sich gestern hingegen eine Koalition von Umweltorganisationen. „Die Stromwirtschaft versucht auf verschiedensten Wegen, die Klimaschutzbemühungen auszuhebeln“, erklärt zum Beispiel Greenpeace-Energieexperte Stefan Schurig seinen Ärger. Nun blase die Bundesregierung einen vergleichbar kleinen Baustein zu Großem auf. So lenke sie von den eigentlichen Notwendigkeiten ab. Tatsächlich wirft die deutsche Industrie in laufenden Verhandlungen mit der rot-grünen Koalition ihr Versprechen über den Haufen, weniger Gase auszustoßen, die zur Erwärmung des Klimas führen. (taz vom 5. Dezember 2003).

Erst vor zwei Jahren hatte der Bundesverband der Industrie der Regierung in einer freiwilligen Selbstverpflichtung zugesagt, die Kohlendioxidemissionen im Vergleich zu 1998 bis 2010 um rund 45 Millionen Tonnen zu senken. Die Stromsparaktion der Initiative Energie Effizienz soll davon 2 Millionen Tonnen bringen. Das ist erst einmal nicht viel, der deutsche Standby-Verbrauch müsste dafür allerdings um ein Viertel reduziert werden – etwa durch neue Technik oder Energie sparende Verbraucher. Davon ist bisher nicht viel zu merken. Im Gegenteil ist der Energieaufwand in den letzten Jahren wegen Handy, DVD-Spieler oder Handbohrer gestiegen.

Dass von einem geringeren Ausstoß der Klimagase keine Rede sein kann, zeigt zudem eine Studie, die just gestern die Wirtschaftsberater von PricewaterhouseCoopers vorlegten: Die großen Energieversorger der Europäischen Union haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Kohlendioxid in die Luft geblasen als noch im Jahr zuvor. Die Menge stieg um 0,8 Prozent auf 693 Millionen Tonnen an. Der größte Emittent in Europa ist übrigens die deutsche RWE, Deutschlands mächtigster Energiekonzern E.ON belegt hinter dem italienischen Enel-Konzern und der schwedische Vattenfall Platz 4. HANNA GERSMANN