Der lustige Zerstörer

Schill inszeniert eine schlechte Komödie und gewinnt doch wieder an Gewicht. Seine Partei ist rettungslos gespalten

HAMBURG taz ■ Ronald Schill ist wieder in seinem Element. Dutzende von Kameraleuten und Fotografen wieseln am Montagabend um ihn herum, so liebt er das. Ernst nimmt ihn ohnehin keiner der Journalisten mehr, aber das macht nichts aus: Auch für die Hauptperson selbst scheint es nur noch ein großer Spaß zu sein, die eigene Partei und damit auch die Hamburger Regierung langsam zu zerlegen – so hat er die ganze Zeit als Senator regiert, so zelebriert er auch den Abgesang seiner Partei.

Nachdem er seinen Anspruch auf Landes- und Bundesvorsitz der Partei bekräftigt und seine Absetzung als Landesparteichef vom Samstag auf einer Pressekonferenz als rechtswidrig bezeichnet hatte, herrscht in der Schill-Partei komplettes Chaos. Wer der zurzeit amtierende Landesvorsitzende ist, kann niemand beantworten. Ein Schiedsgericht der Partei soll dies nun bis zum Freitag klären.

Gegen das, was sich am Montagabend in der Hamburger Schill-Geschäftsstelle abspielte, war der Komödienstadl Hochkultur. Während Schill im vierten Stock des Gebäudes die Sitzung des Landesvorstandes leitete, hockten im ersten Stock parallel die Kontrahenten um den Bundesvorsitzenden und zweiten Bürgermeister Mario Mettbach beieinander. Zuvor hatte Schill Mettbach vorgeworfen, „das Recht in der Partei mit Füßen zu treten“. Er entschuldigte sich bei den Parteimitgliedern, dass er Mettbach vor Jahresfrist zur Wahl des Bundesvorsitzenden vorgeschlagen habe. Seine Absetzung als Landesvorsitzender sei „natürlich rechtswidrig“, weil der Bundesvorstand, der Schill am Samstag in Berlin abgesägt hatte, gar nicht zuständig für ein solches Verfahren sei: „Das hat genauso viel Rechtskraft, als ob mich mein Friseur absetzen würde.“

Und tatsächlich scheint sich in dem parteiinternen Machtkampf die Waage wieder zugunsten des Gründers und Namensgebers zu senken: Bereits sechs Landesverbände haben, wie von Schill gewünscht, die Einberufung eines Sonderparteitages verlangt. Dort will Schill sich selbst zum Bundesvorsitzenden küren und den Parteiausschluss Mettbachs betreiben. Ein solcher Schritt werde die Partei zwar spalten, aber das sei „möglicherweise ein reinigender Akt“, so Schill. Zudem wagten sich zuletzt immer mehr Fraktionskollegen mit Solidaritätsbekundungen für ihn aus der Deckung. Auch sie spürten, dass sich der Wind dreht. Jetzt, wo die Regierung am Ende ist, müssen sie ohnehin keine Rücksicht mehr auf Koalitionsdisziplin nehmen.

Nach diesem Montagabend glaubte in Hamburg niemand mehr, dass die regierende Koalition aus CDU, FDP und Schill-Partei das Durcheinander noch überleben konnte. Schill hatte zwar betont, er stehe noch „in Verantwortung gegenüber dieser Koalition“. Auf die Frage, wie sicher denn die Regierung sein könne, dass er sie bei Abstimmungen stütze, grinste Schill nur: „Was ist schon sicher im Leben?“. Mehrere Abgeordnete der Fraktion saßen dabei im Raum. Niemand widersprach ihm, auch, als er Mettbach einen Verräter nannte. Spätestens da war klar: So wird es nicht mehr lange weitergehen. PETER AHRENS