Spione zu Schriftsteller umgeschult

Ex DDR-Geheimdienstler kommen aus den Gefängnissen zurück nach Bonn und lesen aus ihren Büchern vor. Sie kämpfen auch um juristische Gleichstellung mit den davongekommenen Westkollegen

Zahlreiche Spione haben vor dem Mauerfall in Bonn für die DDR gearbeitet. Viele von ihnen wurden erst entdeckt, als zwei ehemalige Mitarbeiter der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) alle Namen veröffentlichten. Das zog eine Welle von Verhaftungen nach sich.

Jetzt kehren die Ex-Agenten aus den Gefängnissen in die frühere Bundeshauptstadt zurück und lesen aus ihren Büchern. Darunter auch Top-Spionin Gabriele Gast, gebürtige Remscheiderin und CDU-Mitglied. Die 60jährige Agentin aus Überzeugung, die jahrelang beim Bundesnachrichtendienst (BND) in Pullach für die DDR Aufklärung betrieb, mußte für ihre Spionagetätigkeit vier Jahre im Gefängnis. Ihr autobiografisches Buch trägt den Titel: Kundschafterin des Friendes. Ein emotiotional gefärbter Erlebnisbericht, der sich streckenweise wie ein Krimi liest. Alle vorkommenden Personen wurden aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes natürlich frei erfunden. Am Schluß des Buches beschreibt sie ihre Haftbedingungen mit den psychischen Folgen und das merkwürdige Zusammentreffen mit dem HVA-Oberst, der sie verraten hat.

Gemeinsam mit ihr lesen, unter anderen auch Wolfgang Hartmann, der in Bonn Agentenführer war und Dieter Popp. Der Westdeutsche schöpfte für den Osten eine Quelle im Verteidigungsministerium ab.

Gerade die Spionage für die DDR ist bis heute ein brisantes Thema geblieben. Immer noch kämpfen ehemalige HVA-Mitarbeiter um eine Gleichbehandlung mit den Westkollegen. Während Spione, die in der DDR gegen die Bundesrepublik gearbeitet haben, in der Regel straffrei blieben, mußten diejenigen, die im Westen tätig waren, oft ins Gefängnis. Dieser Umstand ist bis heute juristisch umstritten und wird noch ein paar Jahre die zuständigen Gerichte beschäftigen. Aufgearbeitet wurde er von über 30 ehemaligen DDR-Agenten im Buch: Kundschafter im Westen, aus dem heute abend auch vorgetragen wird. Hauptprogrammpunkt der Veranstaltung werden aber die Fragen aus dem Publikum sein und die daraus entstehende Disskussion über die Aufarbeitung von nachrichtendienstlichen Tätigkeiten in beiden deutschen Staaten.

Peter Ortmann

20:00 Uhr, Universität Bonn