Ein Abend mit Livemusik, Original-Geschichten und einer Schnupper-Tanzstunde im Lindy-Hop
: Auf den Spuren der Swing-Kids

Am Samstag, dem 21. Mai 1927 ging in Paris verkehrstechnisch gar nichts mehr. Eine halbe Million Menschen war unterwegs zum Flughafen Le Bourget, auf dem Charles Lindbergh landete. Die Zeitungen titelten „Lucky Lindy hops the Atlantic“ und schon war der Name für den neuen Swingtanz geboren – Lindy Hop. Swing, die neue Musik aus den USA, war mehr als ein Tanz. Swing war ein Lebensgefühl. Swing-Fans zogen sich anders an, bewegten sich anders, sprachen englisch, und gingen abends hotten, bis die Schwarte krachte. Im Deutschland der 30er Jahre traf dies kaum auf Begeisterung. Die Jugend sollte im Gleichschritt marschieren. „Nur wenn wir brutal durchgreifen, werden wir ein gefährliches Umsichgreifen dieser anglophylen Tendenz in einer Zeit, in der Deutschland um seine Existenz kämpft, vermeiden können“, ließ Heinrich Himmler verlautbaren.

Doch die Kids in Hamburg, Hannover, Frankfurt oder Freiburg sahen das anders: Für sie war Swing ein alternativer Lebensentwurf, eine Art Widerstand. Hamburg war als Hafenstadt mit internationalen Gästen schnell zum Zentrum der Swings geworden, denn hier war es leicht, sich Platten zu beschaffen. Als Swings verstanden sich Jugendliche aus den gehobeneren Schichten ebenso wie aus der Arbeiterklasse, jüdische Freunde waren in den Cliquen selbstverständlich.

Durch „Lottern“ und auffällig gestylte Klamotten drückten die Swings Lebenshunger und Lässigkeit aus, was die Nazis als „zersetzend“ wahrnahmen und mit drakonischen Strafmaßnahmen belegten. Mädchen wurden oft wegen „Arbeitsverweigerung“ und „sexueller Verwahrlosung“ ins KZ geschickt, während die männlichen Swings eher als „Politische“ galten, weil man ihnen zum Beispiel unterstellte, „Feindsender“ zu hören. Nicht wenige Swingfans landeten im KZ oder wurden von den Nazis ermordet.

Danach sah man kaum noch Swings in der Öffentlichkeit. Doch „Swing war nie weg“, wie Swantje Harmsen, besser bekannt als DJ Swingin‘ Swanee, meint. In den USA blieb er immer Teil der Populärkultur und auch in Europa erfuhr er vor allem seit den 80er Jahren ein Revival. Die Hamburger Swing-Expertin Isgard Rhein, die den Lindy Hop so perfekt beherrscht, dass man beim Zuschauen glaubt, in einem 30er-Jahre Film gelandet zu sein, beschäftigt sich seit Jahren mit der Geschichte dieses Musikstils und organisiert (Tanz-) Veranstaltungen zum Thema.

Im Fundbureau gibt sie eine kleine Einführung in Grundbegriffe und Tanzschritte, erzählt, wie sich die Swings den Nazis widersetzten und geht der Frage nach, wie politisch der Widerstand dieser Jugendbewegung ihrem Selbstverständnis nach war. Im Anschluss überlässt sie dem Londoner Swing-Trio Lady and the Tramps (Foto) die Bühne, die sich in ihrer Heimatstadt, in Clubs in Soho und Camden, längst einen Namen gemacht haben. Joe Whitney, sonst Schlagzeuglegende bei den Flaming Stars, die Sängerin She Rocola und der Keyboarder Greg Foat mixen Coolness mit Leidenschaft, Swing mit Boogie-Woogie und manchmal auch einem Hauch von Blues. Sie klingen „wie ein Mustang, der aus den Prärien in die Großstädte galoppiert“. So definiert DJ Swingin‘ Swanee den Sound des Swing und was sie damit genau meint, erklärt sie im Anschluss an das Live-Konzert, indem sie Platten auflegt. Conny Lösch

Donnerstag, 20 Uhr, Fundbureau