Über Reykjavík nach New York

Bald fliegt man ohne Umsteigen in die USA – vom geplanten Billigflughafen Schönefeld. Die Ausweitung des Low-Cost-Geschäfts soll den Standort des Großflughafens bekannter machen

VON RICHARD ROTHER

Wow! Berlin kriegt wieder einen Direktflug in die USA – nach New York. Der vorübergehende Ausbau des Flughafens Schönefeld, Standort des künftigen Single Airports der Region, zum Billigflughafen macht’s möglich. Die isländische Fluggesellschaft Island Air fliegt ab Juni kommenden Jahres dreimal pro Woche von Schönefeld nach New York, allerdings mit einer kurzen Zwischenlandung in der isländischen Hauptstadt Reykjavík. Wer von Berlin an die US-Ostküste will, muss dort aber nicht umsteigen, sondern bleibt einfach im Jet sitzen. Da Transatlantikflüge ohnehin einer nach Norden hin gekrümmten Bogenroute folgen, bedeutet der Zwischenstopp auf der Insel der Geysire kaum einen Umweg.

Ohne Umweg soll es auch in Schönefeld aufwärts gehen – durch Billigflieger. Ab Mai startet der britische Low-Cost-Anbieter EasyJet in Schönefeld, allein 2004 werden dadurch 1,1 Millionen zusätzliche Passagiere erwartet. Außerdem werde noch mit weiteren Billigfluglinien verhandelt, sagte gestern Dieter Johannsen-Roth, Chef der Flughafengesellschaft FBS, die den Ländern Berlin und Brandenburg sowie dem Bund gehört. Mehrere neue Destinationen stehen bereits fest: darunter Athen, Neapel, Liverpool, Paris und Nizza.

Johannsen-Roth bestätigte, dass EasyJet mit Sonderkonditionen nach Schönefeld gelockt wurde. Dabei handele es sich um befristete Marketingzuschüsse, die auch anderen Fluglinien gewährt werden könnten, wenn sie neuen Umsatz nach Schönefeld bringen. Eine Summe nannte er nicht. In Schönefeld starten auch Billiggesellschaften wie Germanwings, Air Berlin oder Volareweb. Air Berlin hat wegen der vermeintlichen Vorzugsbehandlung für EasyJet bereits mit einer Klage gedroht.

Hintergrund der neuen Günstig-Initiative für Schönefeld: Bislang fliegt der ehemalige DDR-Zentralflughafen erhebliche Verluste ein, dieses Jahr werden es etwa 30 Millionen Euro sein. Die erhofften Passagiermassen sollen dieses Minus in den nächsten Jahren in ein Plus verwandeln. Ein weiteres Ziel ist zudem, den Standort des künftigen Berlin Brandenburg International Airports (BBI), der bislang ein Image-Problem hat, bekannter zu machen. Die Flughafengesellschaft und die Bahn wollen deshalb den Bahnhof Schönefeld und den Fußweg vom Bahnhof zum Terminal, der überdacht wird, verschönern. Mit 4,4 Millionen Fluggästen soll Schönefeld bereits 2005 nahe an seine derzeitige Auslastungsgrenze kommen.

Die Eröffnung des neuen Flughafens BBI ist bis zum Jahr 2010 im Visier. Im kommenden Frühling rechnen die Planer mit einem Planfeststellungsbeschluss, gegen den betroffene Anwohner klagen dürften. In der ersten Hälfte des nächsten Jahres sollen zudem die Grundzüge der BBI-Finanzierung stehen. Nach der gescheiterten Flughafen-Privatisierung muss nun die öffentliche Hand das Milliardenprojekt allein schultern.

Im nächsten Herbst will die Flughafengesellschaft zudem den Verlust bringenden Innenstadt-Flughafen Tempelhof schließen und den Verkehr nach Schönefeld umleiten. Der gesamte Schließungsaufwand für Tempelhof soll etwa 35 Millionen Euro betragen. Im operativen Geschäft macht Tempelhof in diesem Jahr etwa 13,6 Millionen Euro Verlust, während Tegel 54,8 Millionen Euro Gewinn einfliegt.