FÜR DEN IRAK IST ES NICHT SO WICHTIG, WER DIE INFRASTRUKTUR BAUT
: Im Pentagon schmollen die Kriegstreiber

„So etwas sagt man nicht – so etwas tut man.“ Diese alte Maxime der Reformisten innerhalb der deutschen Sozialdemokratie ist schon über hundert Jahre alt, doch im Pentagon ist sie unbekannt. Der von Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz unterzeichnete Erlass, demzufolge keine Unternehmen aus Kriegsgegnerstaaten einen der 26 Hauptaufträge zum Wiederaufbau des zerstörten Irak bekommen sollen, ist so überflüssig wie dumm – aber er ist auf eine kindische Weise ehrlich.

Nein, nicht in der Begründung, US-Sicherheitsinteressen stünden auf dem Spiel. Das ist nur insofern nicht gelogen, als es offenbart, wie die US-Regierung die Interessen der ihr nahe stehenden Konzerne zu nationalen Sicherheitsanliegen umdeutet. Wirklich ehrlich zeigt die Pentagon-Anweisung den völligen Mangel an Souveränität in der beleidigt schmollenden neokonservativen Clique um den Irakkriegs-Chefideologen Wolfowitz. Da geht es immer noch um Wohlwollen oder Abstrafen, um Streicheln oder Watschen.

Mit praktischer Politik hat das nichts mehr zu tun. Da bemühen sich Weißes Haus und Außenministerium, auch die ehemaligen Kriegsgegnerstaaten wie Frankreich, Deutschland, Kanada und Russland bei der Finanzierung des Wiederaufbaus mit an Bord zu bekommen – und das Pentagon lässt, um im Bild zu bleiben, die Interessenten erst einmal kielholen. Es ist gut, dass sich sogar US-Abgeordnete ob solchen Dilettantismus empören.

Für den Irak selbst hat all das nur mittelbare Bedeutung. Ob die Infrastruktur dort wieder in Gang kommt oder nicht, hängt nicht wirklich von der Frage ab, wer die Aufträge bekommt, sondern ob eine Lösung für das Dilemma gefunden werden kann, die Besatzung einerseits als einzig vorhandene Ordnungsmacht zu brauchen, sie andererseits aber zur politischen Emanzipation vor allem der Gegner des früheren Regimes schnellstens loswerden zu müssen. Das geht nur mit internationaler Zusammenarbeit – und auch aus dieser Sicht heraus hätte Paul Wolfowitz seine Dummheiten besser für sich behalten. BERND PICKERT