Patentschutz für Gene ohne Grenzen

Am Freitag will die Koalition die Wirkung von Patenten auf Erbgut einschränken. Der Gesetzentwurf biete nur eine Scheinlösung, klagen einige Sozialdemokraten und fordern Nachbesserungen. Eine Mehrheit dafür ist aber unwahrscheinlich

AUS BERLIN WOLFGANG LÖHR

Seit Jahren streitet die Koalition über das Biopatentgesetz, am Freitag nun sollte es endgültig im Bundestag verabschiedet werden. Doch im letzten Moment stellt eine Gruppe von einem Dutzend Sozialdemokraten den ausgehandelten Kompromiss erneut in Frage. „Nein, in dieser Form werde ich dem Gesetz nicht zustimmen“, sagte der Abgeordnete Wolfgang Wodarg der taz. Von ihm stammt der Änderungsantrag, mit dem sich gestern nun die SPD-Fraktion erneut beschäftigen musste.

Nicht einmal drei Wochen ist es her, dass sich eine Arbeitsgruppe aus SPD, Grünen und dem Justizministerium auf einen Kompromiss für das Biopatentgesetz einigen konnte. Dabei geht es um die Umsetzung einer EU-Richtlinie in deutsches Recht. Die Gruppe nötigte das Ministerium, seinen ursprünglichen Entwurf noch einmal nachzubessern. So konnten die Grünen unter anderem durchsetzen, dass Keimzellen grundsätzlich für nicht patentierbar erklärt werden.

Auch auf eine Einschränkung des so genannten Stoffschutzes bei menschlichen Genen konnte sich die Arbeitsgruppe einigen. Bisher ist es üblich, alle Anwendung eines Gens komplett patentieren zu können, auch wenn nur eine Funktion durch die Entdecker richtig beschrieben ist. Werden später weitere Funktionen der gleichen Gensequenz entdeckt, fielen die auch unter das Ursprungspatent. Nun soll dafür die Erteilung eigener Patente möglich sein.

Dieser neue Passus sei nur „ein Scheinkompromiss“, kritisiert Wodarg. Denn die vereinbarte Einschränkung gelte nur für die vom Deutschen Patentamt vergebenen Patente. „Da die weit überwiegende Anzahl von Genpatenten aber durch das Europäsiche Patentamt (EPA) erteilt wird, bleibt eine Regelung weitgehend wirkungslos“, argumentiert Wodarg. Er fordert einen zusätzlichen Paragraphen, der die Einschränkung auf die Anwendung der EPA-Patente in Deutschland ausdehnt.

Die Grünen könnten sich Wodargs Vorstoß anschließen. Vorausgesetzt, so der grüne Fraktionsvize Reinhard Loske, es finde sich eine Mehrheit in der SPD. Schließlich hatten sie schon immer gegen den Stoffschutz für Gensequenzen plädiert. Jedoch: SPD-Fraktionsvize Hans-Joachim Hacker besteht in einem Antwortbrief an Wodarg auf dem alten Kompromiss. Ein Ergebnis der Fraktionssitzung lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.