The Day After

Nach dem Scheitern der Koalition bereiten sich die Parteien in Hamburg auf einen kurzen Wahlkampf vor

HAMBURG taz ■ So ruhig war es in Hamburg schon lange nicht mehr. Am Tag, nachdem die Rechts-Koalition ihre Auflösung angekündigt hatte, war das große Durchatmen angesagt. Erst am Abend wollten CDU, SPD und FDP erste Weichen für den Kurzwahlkampf stellen. Sie müssen bis Januar ihre Kandidaten aufgestellt haben.

Auffällig still war zunächst der Casus Belli: „Wenn ich jetzt was sage, wird das Koalitionsende noch mit mir in Verbindung gebracht“, sagte Ronald Schill. Erst am Nachmittag bekannte er: „Die Ereignisse haben mich tieftraurig gemacht.“ Morgennachmittag wird die Fraktion der Partei Rechtstaatlicher Offensive (PRO) den Ausschluss Schills beschließen. Fraktionschef Norbert Frühauf geht von einer Dreiviertelmehrheit aus. Offen ist, wie viele Abgeordnete Schill freiwillig folgen werden. Die Vermutungen reichen von drei bis acht.

Unklar ist auch, ob Schill eine neue Partei gründen wird. Bis zum 6. Januar hätte er dafür Zeit, wenn er zur Bürgerschaftswahl am 29. Februar zugelassen werden möchte.

Die PRO wird sich personell vollkommen neu ordnen müssen. Wie dies geschehen wird und ob die Partei Wahlchancen hat, lässt sich derzeit noch nicht einschätzen. Die etablierten Parteien sind da deutlich weiter. Ole von Beust wird einen Wahlkampf führen mit dem Ziel, die Union zur stärksten Fraktion und sich selbst erneut zum Regierungschef zu machen. Auf etwa 40 Prozent wird die CDU veranschlagt. Ein Partner ist deshalb unerlässlich. Mit einer Schill-freien PRO würde Beust wieder koalieren.

Wunschpartner aber ist die FDP, die ihren Bildungssenator Reinhard Soltau zum Spitzenkandidaten machen wird. Die Liberalen aber könnten an der Fünfprozenthürde scheitern. Kein Wunder also, dass die Union bereits erste Signale an die SPD sendet. Eine große Koalition mit einem roten Juniorpartner bräuchte sie nicht zu fürchten. Sollte die SPD, der 36 bis 38 Prozent in Aussicht gestellt wird, jedoch die CDU überholen, ist das Thema vom Tisch. Denn es ist unvorstellbar, dass von Beust sich zum Stellvertreter eines SPD-Bürgermeisters Thomas Mirow degradieren ließe.

Der ehemalige Wirtschaftssenator im rot-grünen Vorgängersenat hält sich wie gewohnt alle Optionen offen. Nach der Wahl werde „man sehen, was möglich ist“. Die grüne Fraktionschefin und designierte Spitzenkandidatin Christa Goetsch hingegen sieht zu Rot-Grün keine Alternative: „Unser Gegner ist die CDU.“

SVEN-MICHAEL VEIT