Mails nach China und Korea

Bremens Wirtschaftsförderer setzen zum großen Sprung an: Bremer „Mobile City“-Idee soll Firmen aus Fernost anlocken

bremen taz ■ Was wird aus dem Mobile Solution Center (MSC)? Das wollten die Abgeordneten in der Wirtschaftsdeputation gestern wissen, denen seit Jahren eine ganz große Sache versprochen wird. Dafür haben sie im Juli 2004 immerhin 3,1 Millionen Euro für Akquisition und Management zur Verfügung gestellt. Doch der Bericht, der ihnen gestern vorgelegt wurde, verliert sich im Vagen. „Nur wenn es gelingt, Bremen glaubhaft als Mobile City zu positionieren, ist die Akquisition von Unternehmen an den Standort erfolgreich“, lautet – wörtlich– ein zusammenfassender Satz im dem Bericht. Das sind Weisheiten von dem Niveau: Nur wenn der Ball rund ist, kann er rollen, und wenn er lange genug rollt, wird er rund.

Konkret geht es um das Bemühen, Firmen nach Bremen zu locken, die sich mit der Lösung der Fragen moderner, drahtloser Übertragungstechnologien – mobiler Übertragung eben – befassen. Schon vor drei Jahren wollten Bremens Wirtschaftsförderer dafür einen repräsentativen Bau errichten in der Hoffnung, dass die Großen der Branche, von Microsoft bis Telekom, dann schon anbeißen würden.

Inzwischen gilt: Bevor gebaut wird, sollte es verbindliche Zusagen von Mietern geben. „Die haben jetzt begriffen, dass es so herum schlauer ist“, sagt Klaus Möhle, Wirtschaftspolitiker der Grünen. Aber wie lockt man High Tech-Unternehmen nach Bremen? Weil Mietsubventionen – wie beim Bremer „World Trade Center“ – nicht ausschlaggebend sind, soll ein Label helfen: Auch ohne einschlägige Unternehmen am Ort soll Bremen als „Mobile City“ positioniert werden. Vor allem das Image soll dann Firmen anziehen. Es seien „Mailing-Aktionen in China und Korea geplant“, heißt es wörtlich in dem Bericht an die Wirtschaftsdeputierten. Drei Akquisiteure sind auf Staatskosten in Fernost unterwegs. Die haben eine „Hochglanzbroschüre mit Präsentcharakter“ zur Verfügung, einen Flyer und – ohne die geht es nirgends mehr – eine „spezifische Powerpoint-Präsentation“.

Damit die Akquisiteure eine Chance haben, zu den Entscheidern in Fernost vorgelassen zu werden, sollen Presseartikel „in den großen nationalen Medien des jeweiligen Ziellandes platziert werden“. Presse ist käuflich – wenn man die Taschen voll von bremischen Goldmünzen hat, dann, so scheinen die Experten der Bremer Innovationsagentur (BIA) zu glauben, können Artikel „geschaltet“ werden. Wie die Bremer Wirtschaftsförderer sich die große weite Welt vorstellen, zeigt folgende Konkretisierung: „Die Schaltung der Beiträge wird dabei in enger Abstimmung mit den geplanten Aktivitäten der Akquisiteure vor Ort erfolgen, um unterstützend bei der Ansprache von Unternehmen wirken zu können.“

Vor drei Jahren war noch ein Neubau mit 10.000 Qudratmetern Fläche geplant, selbstverständlich repräsentativ gebaut – „Landmark-Charakter“ – und „ppp“ finanziert. PPP steht für Public Private Partnership – zu deutsch: Gezahlt wird aus der Staatskasse. Weil aber für den großen Landmark-Bau die potenten Mieter fehlen, der Bau also „nicht in Sicht“ ist, geben sich die Visionäre des Mobile Solution Center vorerst zufrieden mit einer „Vorschaltlösung“ von rund 1.000 Quadratmetern.

Aber auch dafür fehlen noch Mieter. Nur „bei einem ausreichenden Akquisitonserfolg“ soll dieses Vorschalt-Center eingerichtet werden. Seine Verfechter denken dabei an eine leer stehende staatliche Immobilie im Technologiepark – “Nutzung eines Gebäudes in einer ppp-Beziehung“. Das soll den Parlamentariern im kommenden Frühjahr vorgetragen werden, wenn der Rücklauf der Mails aus China und Korea ausgewertet ist.

Klaus Wolschner