Der Baum brennt – aber wie?

Der HSV Handball besiegt den SC Magdeburg im Achtelfinale des DHB-Pokals mit 30:24. Sportlich bleiben die Hamburger top. Wirtschaftlich sind die Dinge weiter ungeklärt

HAMBURG taz ■ Zehn Minuten vor Abpfiff setzte er sich auf eine grüne Wasserkiste, vergrub das Kinn in der rechten Handfläche und stütze den Ellenbogen auf dem Zeitnehmertisch auf. Bob Hanning, der Trainer des HSV Handball, wirkte für seine Verhältnisse sehr entspannt. Natürlich hatte es wieder zu viele Fehlwürfe gegeben, aber die Abwehr war überragend – und Torwart Goran Stojanovic sowieso. Der hielt am Dienstag im Achtelfinale des DHB-Pokals gegen den SC Magdeburg alles, was zu halten war. Überzeugen konnten auf Hamburger Seite auch der Franzose Bertrand Gille mit zehn Treffern und der wieder genesene Pascal Hens mit sechs Toren. „Besser kann man nicht spielen“, kommentierte Bob Hanning deshalb die Leistung seiner Mannschaft. Während der Coach es sich auf der Wasserkiste gemütlich machte, standen 2.900 Zuschauer in der Halle und sangen „Oh, wie ist das schön“.

Sie hatten einen überlegenen HSV gesehen und einen SC Magdeburg, der über 60 Minuten nie über einen 2-Tore-Rückstand hinauskam. Nur einmal führte die Mannschaft von Trainer Alfred Gislasson gegen die Norddeutschen: in der zweiten Minute. Stefan Kretzschmar hatte die „Gladiators“ mit 1:0 in Führung gebracht und spielte fortan ebenso unauffällig wie seine Kollegen. Nach 13 Minuten führten die Hamburger mit 5 Toren, zur Halbzeit lag der Tabellenführer der Bundesliga mit 15:12 vorne. Schließlich musste der Champions-League-Gewinner von 2002 mit einer klaren 24:30-Niederlage die Heimreise an die Börde antreten. Nicht nur Trainer Gislasson war sichtlich enttäuscht. Nicht nur er hatte auf ein echtes Spitzenspiel gehofft.

Weil das Deutsche Sportfernsehen die Partie live zeigen wollte, war das Spiel auf Dienstag vorverlegt worden. Für die Übertragung hatte der HSV gar auf seine Heimspielstätte, die „Color Line Arena“, verzichtet und war in die Sporthalle Hamburg ausgewichen. So spielten die Hanseaten diesmal vor 2.900 statt vor 6.000 bis 8.000 Zuschauern. Aber die Stimmung, das musste auch der designierte Geschäftsführer des HSV, Wilfried de Buhr, zugeben, war in der „Alsterdorfer Nahkampfdiele“ (de Buhr) besser als in der bis zu 14.000 Zuschauer fassenden Arena. Die Arena eroberten an diesem Abend die Fantastischen Vier. Deren Hit von 1995 passte zum Spiel: „Sie ist weg“ – die Spitzenmannschaft des SC Magdeburg. Ausgeschieden im Pokal. Sang- und klanglos untergegangen. Gegen einen HSV, der jetzt im Viertelfinale des DHB-Pokals steht und am Samstag zum Hinspiel im Achtelfinale des EHF-Pokals nach Belgrad fährt.

Auch wenn die HSV-Verantwortlichen in den letzten Wochen immer wieder betont haben, es sei Ruhe eingekehrt in den Geschäftsräumen des Vereins, so bleibt doch unklar, wie der Baum an Weihnachten aussehen wird – ob er lichterloh brennt oder doch beschaulich die Kerzen flackern. Denn seit dem Rücktritt des Geschäftsführers des wirtschaftlichen Trägers Omni Sport, Winfried Klimeks, Ende September, hat sich nichts getan. Noch immer wurde kein Aufsichtsrat gebildet, auch wenn das für den 20. Oktober angekündigt war. Der als Manager vorgesehene Dierk Schmäschke sitzt zwar bei allen Spielen auf der Bank, hat aber bisher keinen Vertrag. Auch Geschäftsführer de Buhr ist formell noch immer nicht im Amt, kümmert sich aber bereits um alle Belange und hat bisher vor allem eines erreicht: Keiner sagt mehr etwas. Statt Schnellschüssen am Telefon gibt es regelmäßige Pressegespräche.

Während sich Trainer Hanning den Fragen der Medienvertreter stellte, saß de Buhr, das linke Bein auf einen Tisch gelegt, im Hintergrund und lächelte sphinxartig. „Bis nächste Woche soll sich etwas getan haben“, kündigte er an. Ob Klimek dann allerdings endgültig seinen Rückzug antritt, bleibt fraglich. Noch mag keiner in Hamburg wetten, dass der HSV auch in der kommenden Saison in der Ersten Liga spielt. Zumindest am Dienstag war sich der Trainer sicher: „Heute hätte uns keine Mannschaft der Welt gestoppt.“

CHRISTINA STEFANESCU