Europarat will Einwanderertöchter besser schützen

ZWANGSEHE Tausende junge Mädchen und Frauen sind jährlich davon betroffen. In Deutschland berichtet eine Frauenrechtsorganisation über fast 200 Fälle im vergangenen Jahr. Sanktionen gefordert

STRASSBURG afp | Der Europarat hat ein besseren Schutz für Mädchen und junge Frauen aus Einwandererfamilien vor Zwangsehen gefordert. Die 47 Europaratsländer müssten Präventivmaßnahmen beschließen und Zwangsehen unter Strafe stellen, sagte die zyprische Abgeordnete Antigoni Papadopoulos am Dienstag in Straßburg. Notwendig sei eine enge Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern.

Laut einem Bericht, der von Papadopoulos vorgestellt wurde, werden in den Europaratsländern jährlich tausende Mädchen und Frauen zwangsverheiratet. Betroffen sind vor allem Töchter muslimischer Familien.

Die aus Bangladesch stammende und in Großbritannien arbeitende Ärztin Humayra Abedin berichtete, wie sie im vergangenen August von ihrer Familie unter einem Vorwand nach Bangladesch gelockt wurde. Die 33-Jährige sagte, sie sei zunächst vier Monate lang in einer psychiatrischen Klinik eingesperrt und mit Medikamenten vollgestopft worden. Nur mit Hilfe von Freunden und der britischen Regierung sei sie freigekommen und nach England zurückgekehrt.

Das britische Gesetz schützt Immigrantinnen, die legal in Großbritannien leben, selbst wenn sie keinen britischen Pass haben. Werden diese in ihre Heimatländer verschleppt, können britische Konsulate und Botschaften tätig werden.

In Deutschland hat alleine die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes im vergangenen Jahr 197 Fälle von Zwangsehen registriert. Im Jahr zuvor seien es 178 gewesen, sagte Jasmin Olbert, eine Mitarbeiterin der in Tübingen ansässigen Organisation. „Dies sind aber nur die Opfer, die sich an uns gewandt haben.“ Das wahre Ausmaß des Problems werde derzeit im Auftrag des Bundesfamilienministeriums untersucht. In einem Bericht des Bundestags ist von 30.000 potenziellen Opfern die Rede.

In Deutschland gelten Zwangsehen als „besonders schwere Fälle von Nötigung“ und werden mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft. Wenn die Heirat im Ausland stattfinde oder die Frauen keine deutsche Staatsangehörigkeit haben, werde die deutsche Justiz aber nicht tätig, sagte Olbert von Terre des Femmes.