RICHTER SÄGEN AM BOLLWERK GEGEN STUDIENGEBÜHREN
: Der Souverän bestimmt den Preis

Was sich gestern in Münster zutrug, ist ein Sieg im Kleinen für die Studierenden – aber es ist zugleich eine große, eine herbe Niederlage. Die dortigen Richter entschieden, dass es bei der Erhebung von Gebühren im Detail zwar gerecht zugehen muss. Sie sagten aber zugleich: Das bezahlte Studium ist erlaubt. Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar und kann sogar rückwirkend Gültigkeit beanspruchen. Kurz gesagt: Der Souverän, sprich: der Gesetzgeber, bestimmt den Preis des Studiums.

Die Studierenden sind damit von einer Lebenslüge befreit worden. Die bestand darin, dass Studiengebühren per se des Teufels seien. Und man also fundamentalistisch gegen jede ihrer Abarten vorgehen müsse. Selbst Langzeitgebühren, ja sogar Studienkonten empfinden die Funktionäre als Frevel gegen die freie Selbstverwirklichung. Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht hat das ausdrücklich verneint – und damit das stichhaltigste Argument der Studentenvertreter vom Tisch gewischt. Bisher hatten die sich nämlich politisch als Intellektuelle geriert, die für das gesamtgesellschaftliche Wohl kämpfen. Das Bezahlstudium zerstöre das Recht auf Bildung, so argumentierten sie. Nun haben es die Studenten amtlich, dass das Unsinn ist – und das ist auch gut so.

Denn die verquere Logik mit dem Bildungsrecht war schon bisher blind für die gesellschaftlichen Verhältnisse. Sie übersah, dass in der wichtigsten, der ganz frühen Bildungsphase im Kindergarten satte Gebühren erhoben werden. Und sie negierte, dass der Skandal natürlich nicht auf dem Sonnendeck des Bildungsdampfers stattfindet, den Hochschulen, wo sich die StudentInnen bislang unbegrenzt und kostenfrei verlustieren konnten. Nein, das Recht auf Bildung wird unten im Maschinenraum verletzt, in den Hauptschulen. Deren Zöglinge haben keine Chance auf ein Studium. Mehr noch, selbst wenn sie kognitiv das Zeug für Höheres hätten, das miserable Lernmilieu hindert sie daran. Es ist höchste Zeit, dass sich die Diskussion wegbewegt von den privilegierten Studierenden hin zu den entrechteten Risikoschülern. Juristisch ist der Weg dafür nun frei. CHRISTIAN FÜLLER