analyse: Kohlesubventionen
: Die Kürzung als letzte Chance der SPD

Seit gestern ist es offiziell: Mehr als eine halbe Milliarde Euro schuldet allein das Land NRW dem Bergbaukonzern RAG. Hinzu kommt über eine Milliarde Euro, die der Bund dem Essener Unternehmen zahlen muss.

Doch scheint der letzte verbliebene deutsche Steinkohleförderer die über 1.500 Millionen Euro Subventionen, aufgelaufen seit dem Kohlekompromiss von 1997, nicht zu brauchen. Die RAG hat das Geld Bund und Land gestundet, zurückgeliehen. Zahlen will NRW-Energieminister Axel Horstmann (SPD) erst zwischen 2011 und 2020: Insgesamt 572,2 Millionen Euro werden dann fällig, die ab 2006 auch noch mit 3,5 Prozent verzinst werden sollen.

Dazu kommt die laufende Unterstützung, allein im kommenden Jahr mindestens 511 Millionen Euro. Ob und wie stark dieser jährliche Zuschuss abgeschmolzen werden soll, ist noch immer unklar – die SPD fordert in den laufenden Haushaltsberatungen sogar mehr Geld für die Kohle.

Intern begründen die Sozialdemokraten das mit der Angst vor Protesten der Bergleute. Damit läuft die SPD geradewegs in die politische Isolation: Die FDP macht sich für den Sofortausstieg stark, die Grünen gelten als kohlekritisch. Die Christdemokraten bewegen sich ebenfalls: Sie wollen die geplante Jahresfördermenge auf 13 Millionen Tonnen reduzieren, kritisieren den umstritten Bergbau unter dem Rhein bei Walsum, wo die Menschen einen durch Bergsenkungen verursachten Bruch der Rheindeiche fürchten.

Grüne und Opposition spüren, wie sich die Stimmung in der Bevölkerung selbst in den Förderabbaugebieten dreht: Streiks und Demonstrationen von Kohlekumpels, die mit 49 in den Vorruhestand gehen können, während der Rest der Bevölkerung bis 67 arbeiten soll, wären nur noch lächerlich – schließlich will der hochsubventionierte RAG-Konzern gleichzeitig 3.000 neue Bergleute einstellen. Die Höhe der Kohlesubventionen ist nicht mehr vermittelbar.

Hält die SPD auf Druck der Kohlelobby, aufgrund der eigenen Geschichte und Mitgliederstruktur an der Kohleförderung fest, wird sie in Richtung Bedeutungslosigkeit rutschen. Die massive Kürzung der Kohlesubventionen ist die letzte Chance der SPD, sich bei den anstehenden Landtagswahlen als Erneuerer zu profilieren.

ANDREAS WYPUTTA