Wie sauer Bier

Holsten-Brauerei wird doch nicht verkauft und bleibt in Hamburg. Kleine Atempause im Übernahme-Run der Branche eingetreten

von PETER AHRENS

Holsten-Vorstandschef Andreas Rost sagt in seinen Bilanz-Pressekonferenzen so schöne Sätze wie: „Unsere Kernkompetenz ist Bier.“ Diese Kernkompetenz kann auch künftig Hamburg für sich beanspruchen. Denn nach dem Kosmetikkonzern Beiersdorf, dessen Mehrheit vor zwei Monaten an den Hamburger Kaffeeröster Tchibo ging, bleibt mit Holsten ein weiteres Traditionsunternehmen der Hansestadt erhalten. Nach seiner gestrigen Sitzung teilte der Aufsichtsrat mit, dass der größte deutsche Braukonzern nicht verkauft wird.

Noch am Morgen war der weltgrößte Bierbrauer, der US-Konzern Anheuser-Busch, als möglicher Interessent für Holsten gehandelt worden. Anheuser will den Einstieg auf den europäischen Markt. Holsten, seit Monaten ein Übernahmekandidat, wäre ein idealer Fang für die US-Amerikaner gewesen, um das in Sachen Bier reichlich konservative Old Europe aufzurollen. Schließlich ist das Unternehmen, bei dem zurzeit noch 2.900 MitarbeiterInnen bundesweit beschäftigt sind, mit Marken wie Köpi, Holsten Pils oder Licher seit Jahren eine feste Größe unter den Top drei in Deutschland.

Zuvor hatten bereits die dänische Carlsberg-Gruppe, Bitburger und Oetker mit ihrer Tochter Radeberger bei Holsten angeklopft und ihr Interesse bekundet. Das war allerdings relativ rasch erloschen, als sie den Preis für den Holsten-Kauf erfuhren. 550 Millionen Euro wollte Großaktionär Christian Eisenbeiss, ein New Yorker Banker, der sein Geld im Biergeschäft macht, für die Hamburger Brauerei haben. Das war den Interessenten in einem Markt, der zurzeit wahrlich nicht überschäumt, zu viel. Billigbiermarken überschwemmen den Markt, das Dosenpfand hat bei den Unternehmen für Finanzlöcher gesorgt. Es gibt Branchen, mit denen es sich momentan leichter viel Geld verdienen lässt, als mit Bier.

So ist es auch kein Wunder, dass die Wirtschaftszeitungen seit geraumer Zeit von Meldungen über mögliche Übernahmen, Verkäufe und drohende Insolvenzen von Brauereien voll sind. So wurde die Dortmunder Brau und Brunnen, bei der Marken wie Jever, Brinkhoffs oder Sion Kölsch angesiedelt sind, monatelang angeboten, fand aber letztlich keinen Käufer. Marktführer Interbrew aus Belgien hatte sich im Vorjahr die Hannoveraner Gilde-Brauerei einverleibt und seinem Imperium, dem bereits die Bremer Becks, sowie Diebels und Hasseröder angehören, eingegliedert.

Es habe sich „kein Ansatz ergeben“, unter dem ein Verkauf für Unternehmen, Aktionäre und Beschäftigte von Vorteil wäre, teilte der Holsten-Aufsichtsrat, dem Eisenbeiss vorsteht, nach der Sitzung mit. Dabei hatte Holsten noch im Sommer selbst laut nach einem Käufer gerufen. Man habe „erkannt, dass wir es allein nicht mehr schaffen, am Konsolidierungsprozess der Branche teilzuhaben“, hatte Rost noch im Juli diess Jahres schwarz gemalt.