Neue Platten
: Verstockte Hörspiele und Gitarrenexerzitien: Mit dem Label Quecksilber haben die Musikminimalisten eine neue Plattform gefunden

[#/TAU] : Somethingmoving-insideplasticbox Quecksilber

Jetzt mal eine Aufgabe, wie man sich im Plattenladen zum Deppen machen kann: Versuchen Sie doch einfach nach dem neuen Album von [#/TAU] zu fragen. Sieht ja typographisch hübsch aus, lässt sich aber recht schwer verbalisieren. Sicher darf man sich auch sein, dass sich dahinter eine Musik birgt, die man dem netten Verkäufer nicht einmal vorsummen könnte. Muss man auch gar nicht Musik dazu sagen: Hier fiepst und brummelt es, ohne dass die Töne sich je zu einer Melodie zusammenschließen wollen, ein Rhythmus nach festen Schlagzahlen ist vollkommen absent. Vielleicht eher also: Geräuschorganisation. Und das ist nun nicht klassischerweise die Abgreifware neben den Musiksupermarktkassen, sondern die Aufgabe für den Fachhandel.Erschienen ist „Somethingmovinginsideplasticbox“ von [#/TAU] auf Quecksilber, dem an Staubgold angegliederten Label von Markus Detmer. Im Frühjahr dieses Jahres wurde es gegründet als Plattform für die Minimal Music, die im Haus schon so offen interpretiert wird, dass eben auch [#/ TAU] ins Konzept passt, der Berliner Computer-Soundkünstler Boris D Hegenbart, der mit seiner doch ganz entspannt daher kommenden, gar nicht schroffen Steinbeißeravantgarde die Geräuschcollage ins Vorfeld des Hörspiels ausdehnt. Sprachfetzen tändeln um die Computerklänge, aber eine Geschichte wird deswegen noch lange nicht erzählt. Nicht einmal Ahnungen davon. Minimalismus meint hier Sensibilisierung, wobei das präzise Hören sich jedoch nicht an der schieren Mathematik, die Musik sonst eben auch ist, festhalten kann. Stellt sich die Frage, wie man sich eine wohl temperierte Collagenmusik überhaupt vorstellen dürfte, ob das nicht mehr ein irgendwie in Form geknautschtes soziales Geflecht ist? Selbst wenn auch diese Gattung der Soundorganisation ihre Modelle, ihre Strategien (und damit ihre Klischees) erarbeitet hat. Und im gleichen Moment die Kommunizierbarkeit meist schon wieder anzweifelt, wofür man die in diesem Gewerbe gern verwendeten typographischen Namensgebungen als Beleg hernehmen mag.[#/ TAU] lässt einen (also mich) so ein wenig ratlos zurück, während „8 guitars“ von Scott Horscroft – das mächtige Opus des Australiers ist als Nummer 2 bei Quecksilber erschienen – einen (mich) glüchlich macht. Gitarrenschübe, am Computer manipuliert. Ähnlich den Arbeiten von Glenn Branca und Rhys Chatham, minus deren Donnergrollen. Den ekstatischen Gestus flach gehalten. Das ist hier Minimal Music als Mikrokosmos, der noch sein eigenes Vergrößerungsglas auf das Geflecht von Strukturen ist. Kann man hören als abstraktes Wiegenlied. Nebenbei konsumiert, bleibt es doch präsent und wird bei konzentrierter Aufmerksamkeit die Wippe zur Trance. Was ein schöner Kreislauf ist: Zerstreuen. Sammeln. Sich verlieren. Im endlosen Sog, die Magie des Immergleichen. Wie das Rattern über die Schwellen beim Zugfahren. „8 guitars“ pocht schneller als der Puls und ist doch nicht hektisch. Nie aufbrausend. Von einer flüchtigen Schönheit. Aber sie hat einen im Hören berührt. THOMAS MAUCH