Künstliche Spermien

US-Forschern gelang es jetzt erstmals, befruchtungsfähige Spermien von Mäusen im Reagenzglas herzustellen

Eingriffe in diemenschliche Keimbahnsind in vielen Länderngesetzlich verboten

BERLIN taz ■ Was bei Eizellen möglich ist, wird doch auch bei Spermien funktionieren, wird sich der US-Forscher George Daley gesagt haben. Daley ist der erste Wissenschaftler, der es jetzt geschafft hat, aus embryonalen Stammzellen der Maus im Reagenzglas zeugungsfähige Spermien zu entwickeln. Mit den am Children’s Hospital in Boston, im US-Bundesstaat Massachusetts, durchgeführten und in der aktuellen Ausgabe des britischen Wissesnchaftsmagazins Nature beschrieben Experimenten ist die Wissenschaft jetzt einen großen Schritt weiter, um Säugetiere im Labor ganz ohne biologische Eltern zu schaffen.

Einen ähnlichen Versuch hatten zuvor schon japanische Foscher durchgeführt. Das Forscherteam am Children’s Hospital in Boston konnten darüber hinaus aber auch zeigen, dass es möglich ist, mit den künstlich geschaffenen Mäusespermien Eizellen erfolgreich zu befruchten.

Für weltweite Schlagzeilen hatte vor einigen Monaten schon der in den USA arbeitende Deutsche Hans Schöler gesorgt. Er hatte als Erster überhaupt aus embryonalen Stammzellen, ebenfalls von einer Maus stammend, eine für die Fortpflanzung notwendige Keimzelle – in diesem Fall eine Eizelle – entwickeln können. Nachdem diese Versuche sowohl bei Eizellen als auch bei Spermien erfolgreich verliefen, ist sicherlich einer der nächsten Schritte die beiden künstlich geschaffenen Keimzellen zusammenzubringen.

Erst einmal muss sich aber zeigen, ob die von Daley befruchten Eizellen überhaupt über längere Zeit lebenfähig sind. Bei seinen Versuchen entwickelten sich die befruchteten Eizellen zwar zu Blastozysten weiter – den Keimlingen von Säugetieren, die sich bei der natürlichen Fortpflanzung nach der Wanderung durch den Eileiter in die Schleimhaut der Gebärmutter einnisten. Aber viele Fragen sind noch offen, vor allem, ob seine Reagenzglasembryonen überhaupt in ein Muttertier übertragen werden können.

Zwar geht Daley in dem Nature-Artikel nicht so weit, dass er davon spricht, seine Experimente auch auf menschliche Stammzellen auszuweiten. Bei ihm steht das Forscherinteresse im Vordergrund – vorerst zumindest. Es stellt in Aussicht, dass es jetzt ganz neue Möglichkeiten gebe, um die Entwicklung von Keimzellen oder genetischen Manipulationen der Keimbahn zu erforschen.

Daley weiß aber auch, dass schon die Forschung mit embryonalen Stammzellen des Menschen häufig auf harsche Kritik oder Ablehnung stößt. In den USA wird zum Beispiel das Forschen mit menschlichen Stammzellen mit staatlichen Geldern nur dann gefördert, wenn die Stammzellen vor einem bestimmten Stichtag hergestellt worden sind. Auch Eingriffe in die menschliche Keimbahn sind in vielen Ländern gesetzlich verboten. So zum Beispiel auch in Deutschland. Hier sind Forschungen auch nur mit importierten Stammzellen erlaubt.

Doch die Forschung wird weiter gehen. Erst werden es nur Tierversuche sein. Wenn sich jedoch ergeben sollte, dass mit dieser Methode es einmal möglich sein wird, Kinder zu bekommen, denen schon bei der Reagenzglasbefruchtung ein krankheitsauslösendes Gen entfernt oder ersetzt wurde, wird der Druck zunehmen, diese Verfahren auch zuzulassen. WOLFGANG LÖHR