Ariel Scharon ohne Mehrheit

In Israel lehnt ein Koalitionspartner des Regierungschefs den Haushalt für das kommende Jahr ab. Nun soll die Arbeitspartei nachrücken. Doch das ist offen

JERUSALEM taz ■ Israels Premierminister Ariel Scharon spielt mit hohem Einsatz. Nicht über seinen umstrittenen Abzugsplan aus dem Gaza-Streifen droht er zu stürzen, sondern über den Haushalt des kommenden Jahrs, dem sich der Koalitionspartner Schinui verweigert. Parteichef Tommi Lapid verpflichtete die Mitglieder der liberalen Partei zur Ablehnung des Budgets und verabschiedet sich damit aus der Regierung. Scharon bleibt ohne Mehrheit zurück.

Streitpunkt war die staatliche Finanzierung ultraorthodoxer Einrichtungen in Höhe von 290 Millionen Schekel (ca. 50 Millionen Euro), die Scharon als „notwendig“ betrachtete. Die ultraorthodoxe Partei „Judentum und Thora“ steht nun mit ihren fünf Mandaten als Ersatzkoalitionspartner bereit, was nicht ausreicht, um eine Mehrheitsregierung zu stellen. Obwohl Scharon in den vergangenen Tagen ein Zusammengehen mit der Arbeitspartei ausgeschlossen hatte, hofft er nun doch, vor dem Zentralrat des Likud eine Koalition mit den Sozialisten durchsetzen zu können, wenn anstelle der Schinui die Ultraorthodoxen das dritte Lager stellen.

Möglich wäre zudem, die orthodoxe Schass-Partei für den Regierungsbeitritt zu gewinnen. Damit wären mit 70 Mandaten der Regierung gegenüber 50 Mandaten der Opposition stabile Verhältnisse geschaffen. Scharon macht die Rechnung vorläufig ohne die Arbeitspartei, die, so Lapid, der Schinui garantiert habe, nicht ohne die Liberalen ins Kabinett einzuziehen.

Für Oppositionschef Schimon Peres hat der Gaza-Abzugsplan höchste Priorität. Parteiintern sitzt ihm ihm Expremier Ehud Barak im Nacken, der auf Neuwahlen drängt. Aber die schmerzlichen Finanzreformen von Minister Benjamin Netanjahu stellen Peres vor ein Dilemma. Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Armutsberichts reichte die Arbeitspartei diese Woche ein Misstrauensvotum ein.

Der einzige Ausweg scheint ein erneuter Urnengang zu sein, den allerdings derzeit niemand will. Aktuellen Umfragen zufolge würden Neuwahlen, von einem deutlichen Stimmenverlust für die Schinui abgesehen, an dem derzeitigen Kräfteverhältnis in der Knesset kaum etwas ändern.

SUSANNE KNAUL