Kein Asyl für Tiere

Ausgesetzte Tiere aus Gelsenkirchen bekommen im Tierheim bald kein Asyl mehr. Es sei denn, die Stadt zahlt mehr Geld an den Tierschutzverein

Andere Städte haben eine bessere Zahlungsmoral: Sie zahlen für jedes versorgte Tier

von MIRIAM BUNJES

Eigentlich findet Henriette Reker Tierschutz wichtig. Seit neuestem bekommt die Stimme der Gelsenkirchener Sozialdezernentin allerdings einen schrillen Klang, wenn das Wort „Tierschutzverein“ fällt. Oder noch schlimmer: “Tierheim“. Dort sollen nämlich bald die Gelsenkirchener Tiere rausfliegen, wenn die Stadtverwaltung im nächsten Jahr nicht mehr Geld für sie zahlt. Und das findet Henriette Reker „einfach unfassbar.“

Gelsenkirchens Tierschutzverein, Träger des Tierheims, droht nicht ohne Grund. Jahrelang habe man finanzielle Ungerechtigkeiten von Seiten der Stadt stillschweigend ertragen, sagt der Vorsitzende Detlef Fohlmeister. “Jetzt können wir uns keine Nettigkeiten mehr leisten.“ Die Kassen des Vereins sind nämlich leer. Und das Tierheim ist voller Kampfhunde, die sich wegen der Steuer nicht vermitteln lassen. „Die fressen das meiste Geld“, sagt Detlef Fohlmeister. Solange jemand dafür aufkommt, findet er das auch in Ordnung. „Die Stadt Gelsenkirchen bezahlt aber nicht alle Kosten, die sie verursacht“, sagt der Tierschützer. „Wir sind nicht mehr bereit, ihre Tiere aufzunehmen.“

Andere Kommunen haben da offenbar eine bessere Zahlungsmoral: Auch Herner und Gladbecker Tiere landen im Gelsenkirchener Tierheim. Allerdings bezahlen diese Städte den Tierschutzverein im Gegensatz zu Gelsenkirchen nicht pauschal, sondern nach der Zahl der Tiere für diese Dienstleistung: “15 Prozent der Tiere im Tierheim kommen aus Herne, also trägt die Stadt Herne 15 Prozent der Tierheimskosten“, erklärt Fohlmeister.

Die Stadt Gelsenkirchen zahlt jährlich 190.000 Euro. Das ist offenbar zu wenig: „48.000 Euro mussten wir im vergangenen Jahr aus Rücklagen für das Tierheim zuschießen“, sagen die Tierschützer. Viel Geld für einen Verein, der sich ausschließlich über Spenden finanziert. „Wir haben mit dem Tierheim eine kommunale Pflichtaufgabe übernommen“, sagt Fohlmeister. „Deshalb wollen wir dafür nicht mehr draufzahlen. Andere Tiere brauchen auch unser Geld.“ Tatsächlich sind die Kommunen gesetzlich dazu verpflichtet, Fundtiere aufzunehmen. Und dadurch, dass sie diese Aufgabe gemeinnützigen Vereinen übertragen, sparen sie sogar Personalkosten, da viele Mitarbeiter ehrenamtlich arbeiten. „Ich kann aber nicht mehr Geld ausgeben, als ich habe“, sagt Sozialdezernentin Reker. „Ich habe dem Tierschutzverein in diesem Jahr sowieso schon überplanmäßig Geld gegeben.“

Jetzt muss sich der Gelsenkirchener Stadtrat mit dem Thema auseinandersetzen. Angesichts der mehr als leeren Stadtkasse scheiden sich auch hier die Geister. Viele Ratsmitglieder finden offenbar, dass der Tierschutzverein ruhig etwas uneigennütziger vorgehen könnte.

Und auch die Opposition will sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen: „Ich glaube nicht, dass es richtig ist, den Verein dazu zu verpflichten, all seine Eigenmittel in das Tierheim zu stecken“, sagt SPD-Ratsfraktionschef Klaus Haertel. Alle nicht. Aber einige?

Der Gelsenkirchener Tierschutzverein will aber gar keine Spendengelder mehr in das Tierheim stecken. „Wenn wir nicht wären, müsste die Stadt schließlich auch hundert Prozent ihrer Kosten tragen“, sagt der Vorsitzende Detlef Fohlmann.