Etat: Luft und Schatten

Niedersachsen: Wie die Kesselflicker fallen Opposition und Regierung bei Haushaltsdebatte übereinander her

HANNOVER taz ■ Nach drei Tagen Beratung über den Haushalt 2004 fielen gestern in der Schlussdebatte Opposition und Regierungsfraktionen noch einmal wie die Kesselflicker übereinander her. „Noch nie in der Geschichte Niedersachsens hat eine Landesregierung so vorsätzlich einen Verfassungsbruch vorbereitet“, schnaubte SPD-Fraktionschef Sigmar Gabriel – und meinte damit, dass die Neuverschuldung auch in den kommenden Jahren noch über den Investitionen liegen wird. Statt 2,5 Milliarden Euro Neuverschuldung nehme Niedersachsen 2004 in Wahrheit drei Milliarden neue Schulden auf – einmalig in der Geschichte des Landes. Der Etat stecke voller „Luftbuchungen“ und „Schattenhaushalte“.

„Ein Land, dass seine Bildungseinrichtungen zu Krüppeln spart, verspielt seine Zukunft“, zitierte die grüne Fraktionschefin Rebecca Harms den Soziologen Wolf Lepenies. Neben den Kürzungen bei den Hochschulen ging sie auch das neue Polizeigesetz an. Polizei und Verfassungsschutz würden „verfilzt“, Niedersachsen befinde sich damit „auf dem Weg zum Untertanenstaat“. Harms kritisierte auch die Abriegelung des Landtages am Mittwoch: „Wer zu seiner Politik steht, der braucht keine Bannmeile, keine Einsatzpolizei und keine Reiterstaffel.“

„Sie haben den Haushaltskarren in den tiefsten verfassungswidrigen Dreck gefahren“, wütete CDU-Fraktionschef David McAllister gen SPD. „Und jetzt beschimpfen Sie uns – wo leben Sie eigentlich?“ Der Etat 2004, der massive Kürzungen auch bei den Beamten, bei Familien und im Sozialbereich vorsieht, sei „das größte Werk der neuen bürgerlichen Mehrheit in Niedersachsen“. Insgesamt sind Ausgaben von 22,27 Milliarden Euro vorgesehen. kai schöneberg