mord oder selbstmord
: Die Justizsenatorin muss handeln

Dass sich die Staatsanwaltschaft im Todesfall Lars Oliver Petroll nicht mit Ruhm bekleckert hat, ist nicht neu. Aber es ist auch nicht mehr zu ändern.

kOMMENTAR VON UWE RADA

Dass es nicht mehr zu ändern ist, darf aber nicht dazu führen, dass man sich deshalb hinter der eigenen Rechtsauffassung verschanzt. Früh, für viele zu früh, hat sich die Staatsanwaltschaft auf die These vom Selbstmord Petrolls festgelegt. Als die Akte im Mai 2002 geschlossen wurde, kommentierte dies Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge mit dem Hinweis, für weitere Ermittlungen zur Todesursache sei „kein Raum mehr“.

Wie viel Raum da doch war, hat sich in den Monaten danach gezeigt. Immer neue Fragen tauchten auf und immer mehr Hinweise, die darauf hindeuteten, dass ein Mord wahrscheinlicher ist als die Selbstmordthese der Justiz. Ein Gutachter allein ersetzt eben noch lange keine Ermittlungen in die andere Richtung.

Dass nun auch der Untersuchungsausschuss Bankenskandal fordert, die Ermittlungen neu aufzurollen, bedeutet deshalb nicht nur: Es herrscht Aufklärungsbedarf. Es ist auch eine parlamentarische Missbilligung der Ermittlungsbehörden. Das weiß auch Justizsenatorin Karin Schubert, die den Vorgang inzwischen noch einmal überprüfen ließ.

Schubert ist in dieser Angelegenheit nicht zu beneiden. Eine Anweisung, die Ermittlungen wieder aufzunehmen, würde ihr ohnehin schwieriges Verhältnis zu Karge nur weiter belasten. Die Akte geschlossen zu halten wäre ein Signal der Geringschätzung eines parlamentarischen Gremiums, das in der Aufklärung des Bankenskandals längst eine Schrittmacherfunktion eingenommen hat.

Eigentlich aber hat Schubert keine Wahl: Eine offene Akte ohne Tatverdächtigen ist allemal glaubwürdiger als eine Selbstmordthese, die öffentlich immer wieder angezweifelt wird. Und damit auch der Justiz schadet.