Aubis-Mann doch ermordet?

Untersuchungsausschuss Bankenskandal fordert, Ermittlungen im Todesfall Petroll wieder aufzunehmen. Der Ex-Aubis-Mitarbeiter wurde vor zwei Jahren im Grunewald erhängt aufgefunden

VON UWE RADA

Hat es im Zusammenhang mit dem Berliner Bankenskandal doch einen Mordfall gegeben? Anderthalb Jahre nachdem die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren um den mysteriösen Tod des früheren Aubis-Mitarbeiters Lars Oliver Petroll eingestellt hatte, fordert der Untersuchungsausschuss Bankenskandal nun, das Verfahren neu aufzurollen.

„Wir haben Erkenntnisse, die darauf hinweisen, dass ein Suizid weniger wahrscheinlich ist als ein Fremdverschulden“, sagte gestern der Vorsitzende des Ausschusses, Frank Zimmermann (SPD). Petroll war am 29. September 2001 erhängt im Grunewald aufgefunden worden. Die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren im Mai 2002 eingestellt, nachdem ein Gutachter festgestellt hatte, dass Fremdverschulden auszuschließen sei.

Genau das bezweifelt Frank Zimmermann. „Wir haben die Akten noch einmal geprüft und festgestellt, dass es vonseiten der Ermittlungsbehörden gravierende Fehler gab.“ So sei ein Zeuge nicht vernommen worden, dem gegenüber Petroll geäußert haben soll, dass er es nicht überleben werden, wenn er das durchziehe. Gemeint war der Versuch Petrolls, die Aubis-Manager Klaus Wienhold und Christian Neuling (beide CDU) zu erpressen. Als EDV-Spezialist hatte Petroll Zugang zu allen Daten der Firma, deren Spende an den ehemaligen CDU-Generalsekretär Klaus Landowsky die Aufdeckung des Bankenskandals ins Rollen brachte.

Am Tatort seien zudem vier Enden eines durchgeschnittenen Seils gefunden worden. Es spreche wenig dafür, dass Petroll selbst dieses Seil durchtrennt hat, so Zimmermann. Sein Fazit: „Die krassen Versäumnisse der Ermittler können wir nicht auf sich beruhen lassen.“

Schon im Oktober hat der Untersuchungsausschuss deshalb einen Brief an Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) geschrieben und darum gebeten, das Ermittlungsverfahren wieder aufzunehmen. Das bestätigte gestern Justizpressesprecher Björn Retzlaff. „Zwar wurden in diesem Brief keine neuen Anhaltspunkte deutlich. Wir haben aber die Akten noch einmal gründlich überprüft.“ Das Ergebnis der Überprüfung wollte Retzlaff nicht mitteilen. Offenbar liegt eine Entscheidung über den Fall nun bei Justizsenatorin Schubert, deren Verwaltung gegenüber der Staatsanwaltschaft weisungsbefugt ist.

Eine Entscheidung von Schubert, das Verfahren neu aufzurollen, hatte zuvor auch deren Vorgänger, der grüne Abgeordnete Wolfgang Wieland, gefordert. Wieland, der als Anwalt den Vater von Petroll vertritt, hatte sich an Schubert gewandt, weil alle Beschwerden bei der Staatsanwaltschaft zuvor erfolglos waren.