CDU will Mütter jetzt frei wählen lassen

Vor dem Bundesparteitag der CDU fordert Landeschef Jürgen Rüttgers Ganztagsschulen und Kleinkinderbetreuung. Frauen sollen endlich wieder mehr Kinder gebären und auch ohne schlechtes Gewissen mal arbeiten gehen

DÜSSELDORF taz ■ Die NRW-CDU will Frauen ab jetzt frei entscheiden lassen. „Frauen sollen kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn sie trotz Kinder erwerbstätig sind“, sagte Landeschef Jürgen Rüttgers gestern in Düsseldorf. „Frauen sollen die Wahl haben“, befand er großzügig. Rüttgers möchte das „Familienthema“, denn Frauenpolitik ist bei der CDU Familienpolitik, zu einem Schwerpunkt des Bundesparteitages machen, der am kommenden Sonntag in Düsseldorf beginnt. Überzeugt vom Interesse seiner ParteikollegInnen ist Rüttgers aber nicht. „Wir werden den Versuch machen, ein modernes Frauenbild auf dem Parteitag zu entwerfen.“

Für das Familienthema musste sich Rüttgers Unterstützung nach Düsseldorf holen: Die hessische Sozialministerin Claudia Lautenschläger sprang ein, um das neue christdemokratische Frauenbild zu erklären. „Wir müssen davon wegkommen, diese oder jene Lebensform als besser einzustufen“, sagte Lautenschläger. Bisher stünde mal die berufstätige, mal die selbst erziehende Mutter in der Kritik. Dabei habe eine Studie ihres hessischen Ministeriums unter Schulkindern ergeben, dass diese keine Probleme mit der Berufstätigkeit ihrer Eltern hätten. „Vorausgesetzt, die Eltern gehen gerne arbeiten und das Betreuungsangebot stimmt.“ Kinder wollten nicht nur aufbewahrt werden, sondern sie mögen Sport- und Freizeitmöglichkeiten.

Ihr hessisches Angebot soll nach Meinung Lautenschlägers auch in NRW ankommen: Das CDU-regierte Land setzt auf Tagesmütter. Sie erhalten einen 400 Euro hohen jährlichen Rentenzuschuss, ab 2006 sollen sie zwanzig Stunden pro Jahr geschult werden, zum Beispiel in der Kinderernährung.

Rüttgers fordert für NRW erst einmal die flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen. Dies sieht ein entsprechender Änderungsantrag zu den Vorschlägen des Bundesvorstandes vor. „Wir sollten nicht immer nur das Kindergeld erhöhen, sondern das Betreuungsangebot verbessern“, sagte Rüttgers. Kindergärten, Ganztagsschulen, Horte und ein breites Netz von Tagesmüttern sollen Eltern nebeneinander zur Verfügung stehen. Familien- und Frauenpolitik soll ein Schwerpunkt im Landtagswahlkampf der NRW-CDU sein. „Der jüngste Sozialbericht der Landesregierung zeigt, dass Armut in diesem Land etwas mit Kindern und mit Familie zu tun hat“, sagte Rüttgers. „Nordrhein- Westfalen ist nicht kinderfreundlich genug.“ Deshalb sei auch hier die Geburtenrate so niedrig wie in keinem anderen europäischen Land.

Über ein neues Vaterbild wollen die ChristdemokratInnen hingegen nicht länger nachdenken. „Ohne die gebe es natürlich keine Kinder“, sagte die frauenpolitische Sprecherin der CDU. Junge Väter seien aber heute schon viel aufgeschlossener geworden. Nun sei vielen von ihnen klar geworden, dass die Machozeiten vorbei sind und sie ebenfalls für die Kinder sorgen sollen. Und Lautenschläger sagte, Frauen müssten natürlich zuversichtlich sein, auf ihren Mann setzen zu können, sonst würden sie auch keine Kinder wollen.

ANNIKA JOERES