Knüppelharte Einsatz-Bereitschaft

Polizei-Randale bei Bambule: Hamburgs Innenbehörde zahlt Schmerzensgeld an drei junge Frauen, die am Rande einer Demo verprügelt wurden. Ein Trostpflaster, das beschädigtes Vertrauen in die Staatsgewalt keineswegs wiederherstellt

von Kai von Appen

Was die Hamburger Prügelpolizisten der Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit (BFE) drei jungen Frauen in der Nacht des 18./19. November 2002 angetan haben, ist so gravierend, dass diese noch unter den psychischen Folgen leiden. Dennoch empfinden Elena L., Anni T. und Daniela B. es als eine gewisse Gerechtigkeit, dass ihnen die Polizei jetzt jeweils 1.000 Euro Entschädigung gezahlt hat. „Es ist ein Zeichen, dass der Vorfall nicht in Aktenbergen verschwunden ist“, befindet Elena im taz-Gespräch. Anni fügt hinzu. „Es sollte irgendjemand zur Rechenschaft gezogen werden, ich bin aber froh, dass jetzt ein Strich da drunter ist.“

Die Frauen waren damals mit Freunden im Millerntor-Stadion beim Fußballspiel des FC St. Pauli gegen den 1. FC Köln. Um nicht nach dem Spiel in Bambule-Proteste zu geraten, machte sich die Clique erst gegen Mitternacht nach einem Kneipenbesuch auf den Weg zu Annis Wohnung auf dem Kiez. „Am Paulinenplatz standen Leute und Polizisten herum. Es gab aber keine Anzeichen von Konfrontation“, erinnert sich Anni. „Wir sahen in der Hein-Hoyer-Straße Wasserwerfer“, beschreibt Elena wie selbstverständlich die Situation: „Der direkte Heimweg war versperrt, also wichen wir über die Annenstraße aus.“ Plötzlich hörten sie hinter sich „Getrampel, wie eine Front, die in die Straße rollt“.

Die „akustische Welle“ versetzte die Frauen in Panik: „Ich bin losgerannt, das war wohl ein Fehler“, sagt Anni. Nach wenigen Metern versetzte ihr ein Polizist einen Schlag gegen den Oberkörper, woraufhin sie zwischen zwei Autos zu Boden fiel. Dabei zog sie sich Platzwunden an Lippen und Augenbrauen zu, die Brille ging zu Bruch. „Ich sah nur noch Stiefel vorbeirennen und dachte: Ich hab‘ damit nichts zu tun, ich will doch nur nach Hause.“

Ähnlich erging es Elena: „Ich bin in Panik losgelaufen, wusste aber nicht wohin.“ Sie bekam einen gezielten Schlag ins Genick, taumelte auf eine Motorhaube und ging zu Boden. Während Anni von Anwohnern zum Schutz in einen Hausflur gezogen wurde, kam Elena ein Freund zur Hilfe, der sie ins selbe Treppenhaus geleitete. „In der Sammelstelle“, so Elena sarkastisch, „trafen wir unsere ebenfalls verprügelte Freundin Daniela wieder.“

Die Frauen erstatteten tags darauf Strafantrag wegen Körperverletzung im Amt. Obwohl sie den Eindruck haben, dass sich Staatsanwaltschaft und Dezernat Interne Ermittlungen Mühe gegeben haben und die verantwortliche Polizeieinheit sogar „eingekreist“ werden konnte, endete das Verfahren mit Einstellung. „Die Täter konnten nicht ermittelt werden“, sagt Anni, „ich weiß nicht mal, ob es ein Mann oder eine Frau war.“

Nach einigem Feilschen hat die Polizei nun den Forderungen von Anwältin Alexandra Elek im „Amtshaftungsverfahren“ entsprochen und jeweils 1.000 Euro Entschädigung gezahlt. „Es geht uns nicht ums Geld, was da passiert ist, das kann durch Geld nicht wieder gutgemacht werden“, so Elena. Das Trauma sitze tiefer: „Ich hab‘ mich nicht mehr aus der Wohnung getraut“, schildert Anni. „Ich hatte vorher nie Erfahrungen mit polizeilicher Gewalt gemacht. Damit muss ich noch eine Weile klarkommen.“

„Die körperlichen Verletzungen sind relativ schnell vorbei“, schildert Elena, „was sie mir an Angst eingejagt haben, sitzt aber weiterhin tief.“ Die Frauen bekommen noch heute Angstzustände, wenn sie Wasserwerfer oder geschlossene Polizeieinheiten sehen. Elena: „Einsatzpolizisten sind für mich eine Gefahr, die sind unberechenbar.“