Den Versicherungen wird die Steuer erlassen

Aber 2004 soll es erstmals eine Mindeststeuer für Konzerne geben. Kompromiss im Vermittlungsausschuss

BERLIN taz ■ Die Versicherungskonzerne kommen in den Genuss einer steuerrechtlichen Ausnahme, die ihnen die Zahlung von Milliarden Euro an den Staat erspart. Darauf einigten sich in der Nacht zum Freitag die Vertreter des Bundestags und des Bundesrats. In seinen Verhandlungen über die rot-grünen Steuer- und Arbeitsmarktgesetze ist der Vermittlungsausschuss damit ein gutes Stück weitergekommen.

Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft begrüßt die Regelung. „Mit Blick auf die Versicherten ist das sinnvoll“, sagt die grüne Finanzexpertin Christine Scheel. Die Union wünschte eine noch weiter gehende Ausnahme für die Versicherungen, will jetzt aber zustimmen, wenn die Einigung Teil eines Gesamtpakets wird. Das hängt auch davon, ob die Verhandler einen Kompromis zur rot-grünen Steuerreform finden.

Die Regelung betrifft Unternehmen, die Lebensversicherungen anbieten. Allianz Leben und andere Firmen hatten beklagt, dass sie für die Jahre 2001 bis 2003 hohe Verluste zu tragen hatten, weil ihr Aktienbesitz durch den Börsencrash an Wert verlor. Weil Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) 2000 nicht nur die Steuer auf Aktienverkäufe, sondern auch die Verrechnung entsprechender Verluste abgeschafft hat, hätten die Lebensversicherer trotz roter Zahlen Gewinnsteuern bezahlen müssen. Das lehnten die Firmen ab.

Nach der Einigung im Vermittlungsausschuss soll nun im Prinzip wieder die alte Regelung von 2000 gelten. Rot-Grün argumentiert, die Ausnahme sei notwendig, um den Bankrott von Lebensversicherern, eine nachfolgende Wirtschaftskrise und den Werteverfall der Lebensversicherungen der Bundesbürger zu verhindern.

Außerdem soll es im kommenden Jahr erstmals eine Mindeststeuer für Konzerne geben. Darauf hat sich die Union eingelassen. Allerdings unter einer Bedingung: Die Mindeststeuer soll nur für große Unternehmen gelten, die jährlich über 1 Million Euro Gewinn erwirtschaften. Damit soll der Mittelstand geschützt werden.

Konzerne mit hohen Gewinnen sollen nur noch die Hälfte dieser Gewinne steuerlich neutralisieren können, indem sie Verluste gegenrechnen. Heute ist das noch in voller Höhe möglich. Profitable Konzerne zahlen oft keine Steuern, weil sie Verluste aus den vergangenen Jahren verrechnen und ihren Gewinn damit rechnerisch auf null reduzieren. Firmen, die weniger als 1 Million Euro Gewinn erwirtschaften, sollen ihre Verluste weiterhin in voller Höhe absetzen können.

Aus der Union hieß es gestern, dass die Bundestagsfraktion die Mindeststeuer „nur unter großem Unmut“ mittrage.

Im Gegenzug sicherte Finanzminister Eichel zu, dass er „keine Initiative“ für eine höhere Erbschaft- und Vermögensteuer ergreifen werde. Dies wolle die Regierung den Ländern überlassen. Die Vorstöße der Grünen und der SPD-Linken für eine neue Vermögensteuer dürften damit vom Tisch sein.

HANNES KOCH