Ein Ekelpaket

Gegen die schlechten Arbeitsbedingungen im Pflegesektor wird protestiert – mit stinkender Post

Zeitarbeitsfirmen, Arbeitsagenturen, Krankenkassen und Sozialbehörden könnten in der nächsten Zeit stinkende Post bekommen. Kot in Plastikröhrchen wollen Beschäftigte aus dem Pflege- und Assistenzbereich bis zum 27. Mai in einer Protestaktion gegen ihre schlechten Arbeitsbedingungen verschicken. Adressaten sind unter anderem die Berliner Senatsstelle für Arbeit und Soziales – sie wurde ausgewählt, weil sie im nächsten Jahr Budgetverhandlungen mit den Paritätischen Wohlfahrtsverbänden führt, bei denen die Beschäftigten ihre Interessen kaum berücksichtigt sehen. Weitere Empfänger sind Arbeitsämter, da durch die Vermittlung von Erwerbslosen im Rahmen einer „Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung“ (MAE) in den Pflegebereich der Druck auf die Löhne wachse. In den letzten Tagen haben sich Beschäftigte aus Berlin, Erlangen, Marburg und Frankfurt/Main an dem ersten bundesweiten Scheißstreik beteiligt.

„Mit diesem ungewöhnlichen Mittel wollen wir deutlich machen, dass wir die Scheiße nicht mehr zu diesen Bedingungen wegmachen“, erklärt der Betriebsrat der Ambulanten Dienste aus Berlin, Carsten Does. In seinem Unternehmen habe es seit dem Jahr 2000 keine Lohnanpassung gegeben. Neueingestellte seien seit einem Jahr mit Lohnkürzungen von 20 Prozent konfrontiert. Auch der Fachbereichssekretär Altenhilfe/Gesundheitsberufe des Ver.di Bezirk Berlin, Michael Musall, unterstützt die Aktion, weil die Beschäftigten kaum eine andere Möglichkeiten der Gegenwehr haben. Kontrovers wird die Aktion unter den AssistenznehmerInnen diskutiert, wie die betreuten Personen heißen. So hält es ein Betroffener für ekelhaft, dass die Bedürfnisse von Schwerbehinderten auf das Entfernen von Ausscheidungen durch Pflegekräfte reduziert werden. Gerade dieses Bild von ambulanter Pflege soll mit der Aktion ironisiert und hinterfragt werden, so Carsten Does.

Ein ungewöhnlicher Arbeitskampf? Sicher. Aber dafür einer, in dem die Symbolik auch das Problem aufzeigt. PETER NOWAK