Jesuiten und Akustik

In seinem zweiten „historischen Köln-Kriminalroman“ zeigt sich Karl-Heinz Göttert deutlich inspirierter

Spannend muss ein Krimi sein. Gut recherchiertes Lokalkolorit kann dies unterstützen, siehe die Londonkrimis von Edgar Wallace oder Elizabeth George. Weil deutsche Städte endlich auch einmal Schauplätze blutiger Taten sein sollten, erfand man – Köln voran – den „Stadtkrimi“. Der setzt auf Wiedererkennen und erschöpft sich allzu oft in Insiderwissen und endlosem Aufzählen von Orts- und Straßennamen (dass Literatur auch davon lebt, dass sich der Leser die Orte der Handlung erst in seiner Phantasie bauen muss, sei hier nur am Rande erwähnt).

Besonders schlimm kann‘s werden, wird das Genre zum „historischen“ Stadtkrimi erweitert. In Karl-Heinz Götterts Erstling „Die Stimme des Mörders“ kam beides zusammen: Die Seiten trieften von Kölner Ortskenntnis und vom Wissen über die historische Auseinandersetzung um die Thesen des Wunderheilers Paracelsus um das Jahr 1600. Das ließ Böses erwarten für des Autors Folgewerke.

Götterts zweiter „historischer Kriminalroman“ liegt nun vor – und „Das Ohr des Teufels“ überrascht positiv. Zwar strunzt der Germanistikprofessor wieder mit Wissen über Köln, die Jesuiten und mittelalterliche Experimente zur Akustik (was er durch Zitate, Literaturhinweise und Abbildungen belegt), aber doch deutlich gebremst.

Auch die Handlung ist komprimierter und spannungsvoller aufgebaut, der Stil unprätenziös. Und wenn Göttert den Mord an einem Architekten aufklärt, der die Schallwellentheorie eines Jesuiten überprüft, lassen sich aus den Gesprächen der Mönche Parallelen zu aktuellen Problemen von Datenschutz und Überwachungsstaat ziehen. Eigentlich sollte „Die Stimme des Mörders“ entsorgt werden, doch jetzt bleibt sie mit ihrem Nachfolger im Regal stehen. Vielleicht ist „Das Ohr des Teufels“ der Beginn einer vielsprechenden Reihe.

JÜRGEN SCHÖN

Karl-Heinz Göttert: „Das Ohr des Teufels“. Emons-Verlag Köln 2003, 9 Euro