Schills letzter Sieg könnte Schwarz-Grün sein

Niemand hat die Absicht, in Hamburg eine schwarz-grüne Koalition zu errichten. Ist diese wirklich ausgeschlossen?

Die Vorstellung einer schwarz-grünen Koalition in Hamburg ist scheinbar abstrus. Und dennoch: Ein Bündnis von CDU und Grün-Alternativer Liste (GAL) ist nach den Neuwahlen am 29. Februar kein Ding der Unmöglichkeit. Kein Geringerer als Ole von Beust selbst hat diese Option schon Mitte der Neunzigerjahre schon einmal ventiliert, damals freilich noch als Oppositionsführer. Bei den Grünen stieß er allerdings auf wenig Gegenliebe.

Auch im Moment gibt es niemanden, der ein solches Bündnis wirklich will. Den Grünen geht es lediglich „darum, diese Option in der Öffentlichkeit vorzubereiten“, wie es der GALier Matti Lembke formuliert, der das vermeintliche Un-Thema als Erster öffentlich angesprochen hat. „Harmonie entsteht aus Gegensätzen“, philosophiert der studierte Theologe unter Rückgriff auf die griechische Mythologie: „Harmonie war die Tochter von Kriegsgott Ares und Aphrodite, die Göttin der Schönheit.“

Dennoch ist Schwarz-Grün für die grüne Fraktionschefin und designierte Spitzenkandidatin Christa Goetsch eine „rein theoretische Frage“. Noch schärfer klingen die offiziellen Stellungnahmen der GAL: „Augenwischerei“ oder gar „Wählerverdummung“ sei die Diskussion, solange sich die Christdemokraten nicht grundsätzlich ändern würden. „Wenn die Kuh Räder hätte, wäre sie ein Auto“, lästerte die GAL-Abgeordnete Heike Opitz über die erforderliche Entwicklung der Union. Auch führende Sozialdemokraten sehen in dem Räsonieren über Schwarz-Grün „reine Drohgebärden“.

Trotzdem könnte sich die Frage nach einem grün-konservativen Senat schneller stellen, als die harschen Stellungnahmen vermuten lassen. Denn nach den Neuwahlen kann die verzwickte Situation entstehen, dass es nur für zwei Regierungsbündnisse eine Mehrheit gibt: eine große Koalition oder Schwarz-Grün.

Ein Drei-Parteien-Parlament aus CDU, SPD und GAL würde zwingend zu einem rot-grünen Senat führen. Denkbar aber ist auch die doppelte Anzahl von Fraktionen in der Bürgerschaft. In diesem Fall wird die Situation prekär. Sollten auch die FDP, die Schill-freie Partei Rechtsstaatlicher Offensive (PRO) sowie eine möglicherweise neu gegründete Partei von Ronald Schill selbst den Sprung über die Fünfprozenthürde schaffen, hätten die Modelle Rot-Grün wie auch CDU-FDP-PRO höchstwahrscheinlich keine Mehrheit. Schill, mit dem niemand mehr etwas zu tun haben will, würde einen letzten Triumph als Verhinderer von scheinbar nahe liegenden Koalitionen feiern.

Mit der Begründung, „das Wohl der Stadt“ müsse über allem stehen, würde in diesem Fall dann wohl doch eher die große Koalition besiegelt. Aber nur, wenn die CDU zur stärksten Fraktion würde und somit Ole von Beust Bürgermeister bleiben könnte. Denn als Juniorpartner einer stärkeren SPD müsste die Union ihren Strahlemann opfern, der sich niemals zum Stellvertreter eines Sozialdemokraten degradieren ließe.

Bei einer solchen Konstellation wäre Schwarz-Grün für von Beust die Rettung. Die GAL müsste sich dann entscheiden, ob sie mit der CDU regieren oder sich weiter in Opposition üben will. Geht es nach von Beust, bleibt ein solcher Entschluss beiden Parteien erspart: Der Erste Bürgermeister hat bereits angekündigt, für seine Partei die absolute Mehrheit anzustreben.

SVEN-MICHAEL VEIT