Wulff will Harz-TV

Weil ihm der NDR zu wenig Niedersachsen im Programm serviert, droht der niedersächsische Ministerpräsident mal wieder mit Kündigung

von Eiken Bruhn

Zu wenig Regionales und vor allem zu wenig Niedersachsen bringe der Norddeutsche Rundfunk (NDR) in seinem Programm unter, mokierte sich gestern der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). Und das, obwohl nur 40 Prozent der Gebührenzahler nicht in Niedersachsen wohnen, sondern in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg. Die für Wulff ganz offensichtliche Missachtung des Sendeauftrags bringt ihn gleich zum Äußersten: Er hat damit gedroht, den Rundfunkstaatsvertrag mit der Vierländeranstalt zu kündigen. Dieser läuft Anfang 2007 aus, Wulffs Kündigungsfrist ist Ende Februar 2005.

Bis dahin hätte der NDR Zeit, seine Niedersachsenberichterstattung auszubauen. Allerdings gibt sich der Sender bereits große Mühe, recht häufig von niedersächsischen Kirchtürmen zu berichten. Im norddeutschen Magazin DAS! servierte der sendereigene Koch gestern um vier dem Publikum die Süßspeise der Welfen – dem alten braunschweigischen Fürstengeschlecht – und aus Hannover meldete sich eine Reporterin, um live über Weihnachtsträume zu berichten. Immerhin: Mit einem Beitrag aus Bordesholm war auch Schleswig-Holstein vertreten. Für viertel vor sieben waren zwei Reportagen angekündigt: Über Drogenfahnder in Gildehaus bei Osnabrück und über ein Konzert des Göttinger Symphonieorchesters vor Pflegebedürftigen.

Hat der NDR also fix auf Wulffs Vorhaben reagiert und das Programm umgeschmissen? Oder geht es Wulff weniger um Ansichten des Osnabrücker Doms und des Brocken als um politische Einflussnahme auf den Sender? „Man könnte solche Absichten vermuten“, sagt der Sprecher der rot-grünen Regierung in Schleswig-Holstein, Gerhard Hildenbrand. „Wir hoffen, dass sich der NDR seine Staatsferne bewahrt und werden uns auch in Zukunft nicht in die Programmgestaltung einmischen.“ Den Staatsvertrag werde Schleswig-Holstein auf keinen Fall kündigen. Allerdings habe Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) beim gestrigen Treffen der norddeutschen Regierungschefs zugestimmt, „auszuloten, ob es Änderungsbedarf am Staatsvertrag gibt“. Dabei geht es vor allem um die Größe des Rundfunkrats: Simonis’ Amtskollege Wulff hatte sich gestern außerdem dafür ausgesprochen, den 58-köpfigen Rundfunkrat um ein Drittel zu verkleinern. In dem Gremium sitzen Vertreter von Parteien, Kirchen und Verbänden, es wacht über die Einhaltung der Programmanforderungen und wählt Intendanten und Verwaltungsrat – der im übrigen zur Hälfte mit Wulffs Landsmännern und -frauen besetzt ist.

Im Januar wollen die norddeutschen Länderchefs bei ihrem Treffen weitere Schritte beraten. Der NDR sei bereit, seinen Sachverstand und seine Interessen in die Diskussion einzubringen, bot der Intendant des NDR, Jobst Plog, gestern an. „Wir verschließen uns keinen Veränderungen, solange es um die Stärkung des öffentlich rechtlichen Rundfunks geht“, sagte Wulff. Er erwarte allerdings, „dass nicht die Brechstange der Staatsvertragskündigung eingesetzt wird“.